Der Fußball ist erschöpft.

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Fifa-Präsident Gianni Infantino.

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Der Machtkampf zwischen Fifa gegen Uefa illustrierte sich am Dienstag sinnbildlich. Während am Abend die Champions League, der Paradebewerb des Europäischen Fußballverbands, stattfand, segnete der Weltverband kurz zuvor die Reform der Weltmeisterschaft ab. Der internationale Spielkalender wird damit weiter aufgebläht. Immer mit demselben Motto: Mehr Spiele, mehr Kohle. Ein Überblick:

Die Weltmeisterschaft

Was 1930 in Uruguay mit 13 Teams und 18 Spielen begann, hat sich bis 2022 auf 32 Mannschaften und 64 Begegnungen ausgeweitet. 2026 legt die Fifa nochmals nach: Dann werden 48 Verbände in 104 Matches den Weltmeister küren.

Mit Maßnahmen wie einer Erhöhung der WM-Teilnehmerzahl sichert sich Fifa-Präsident Gianni Infantino seit Jahren die Unterstützung kleinerer Nationen. Am Donnerstag wird er wiedergewählt werden, einen Gegenkandidaten gibt es nicht. Zudem floriert die Fifa seit seiner Amtsübernahme finanziell mehr denn je.

Aber: Die WM, Haupteinnahmequelle der Fifa, findet ja nur alle vier Jahre statt. Da müssen neue Geldquellen her. Der ursprüngliche Plan, die WM einfach alle zwei Jahre stattfinden zu lassen, ging nicht durch. Dafür wurde kurzerhand die Klub-WM erweitert.

Klub-WM

Jeder Kontinentalverband kürt in eigenen Bewerben die beste Klubmannschaft des Kontinents. Die jeweiligen Sieger küren bei der jährlichen Klub-WM den Superchampion. Das sorgte zuletzt für überschaubare Spannung: In den letzten zehn Jahren setzte sich stets der Champions-League-Sieger durch.

Ab 2025 wird das Turnier aufgemotzt: Statt wie bisher zwischen sechs bis acht Teams treten dann 32 Mannschaften an. Europa erhält zwölf Startplätze, Südamerika sechs, Asien, Afrika und der Zusammenschluss aus Nord-und Mittelamerika sowie der Karibik jeweils vier, Ozeanien einen. Zudem ist das Gastgeberland fest dabei.

David Alaba gewann mit Real Madrid die Klub-WM.
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Das Turnier soll im Vierjahresrhythmus stattfinden. Weil das noch nicht genug ist, plant die Fifa zusätzlich zur neuen Klub-WM einen weiteren Vereinswettbewerb. Ab 2025 soll es jährlich ein Miniturnier der Gewinner der großen Wettbewerbe der Konföderationen geben – aus Europa nimmt der Champions-League-Sieger teil, der für das Finalspiel gesetzt ist.

Kurzum: Die alte Klub-WM wird durch eine neue Klub-WM ersetzt. Gleichzeitig soll ein neuer Bewerb gegründet werden, der der alten Klub-WM verdächtig ähnelt.

Die Fifa hat im Dezember ein Rekordbudget von elf Milliarden Dollar (10,35 Milliarden Euro) für den Zyklus 2023 bis 2026 verabschiedet. In den vier Jahren davor hatte der Weltverband einen Umsatz von 7,5 Milliarden Dollar (7,06 Milliarden Euro) gemacht.

Aber auch die Uefa ist kein Unschuldslamm.

Champions League

Im Vorgängerbewerb, dem Europapokal der Landesmeister, brauchte Real Madrid 1956/57 sieben Spiele bis zum Titelgewinn. 2022 waren es 13. Die Teilnehmer- und Spielanzahl arbeitet sich stetig nach oben. Der Sprung von 2000 bis 2003 geht auf eine kurzzeitig eingeführte zweite Gruppenphase zurück, 2001 erreichte diese auch Sturm Graz.

Der gigantische Anstieg folgt 2024/25, wenn die nächste Reform ansteht: Im aktuellen Gruppensystem mit acht Gruppen zu je vier Teams bestreitet jeder Verein jeweils sechs Spiele, ehe die K.-o.-Runde beginnt. Das neue Format sieht ein Ligensystem mit jeweils acht Spielen pro Team vor. "Wir sind überzeugt, dass das gewählte Format die richtige Balance trifft und dass es die Ausgeglichenheit des Wettbewerbs verbessert und stabile Einnahmen generiert, die zwischen Klubs, Ligen und der Fußball-Basis auf dem Kontinent verteilt werden können, während sich gleichzeitig die Popularität der Klub-Wettbewerbe steigert", sagte Uefa-Präsident Aleksander Ceferin. Auch die Europa und Conference League werden reformiert.

Laut "Sportschau" soll die Uefa die aufgestockte Klub-WM als Konkurrenz hingenommen haben, weil gleichzeitig die Fifa die Länderspielfenster im Herbst reduziert habe. Dies ermögliche wiederum Raum für mehr Spieltage der Champions League. Die Schere zwischen Groß- und Kleinklubs dürfte noch weiter auseinandergehen, auch aus Angst vor einer möglichen Super League. Die Uefa hat die US-Medienrechte für seine Vereinswettbewerbe laut Berichten ab der Saison 2024/25 für knapp 1,5 Milliarden Euro verkauft.

Die Europameisterschaft

1960 war die Welt, besser Europa, noch simpel: Am 6. Juli fand das Eröffnungsspiel in Paris statt, am 10. Juli das Finale. Fertig. Seit 2016 machen sich 24 Teams den EM-Titel in 51 Spielen aus. Dadurch sollen auch kleinere Nationen Chancen haben, sich zu qualifizieren. Profiteur 2021: Österreich.

Nations League

Seit 2018 ersetzt sie große Teile der bisherigen freundschaftlichen Länderspiele. Die Idee dahinter: Ein Testspiel im November bei fünf Grad Celsius lockt kaum Zuseher an. Sehr wohl aber ein Bewerb, in dem es um Auf- und Abstieg, einen Titel und ein Hintertürchen für EM- und WM-Qualifikationen geht. Sämtliche 55 Uefa-Nationen nehmen teil. Um den Pokal zu holen, müssen acht Spiele absolviert werden. Insgesamt steigen 162 Spiele. Nach der EM 2024 in Deutschland wird das Turnier erweitert.

Kritik

Beide großen Fußballverbände tragen also ihren Teil zum vollen Kalender bei. Das World Leagues Forum (WLF), ein weltweiter Verband von mehr als 40 Fußball-Profiligen, hat die Fifa im Dezember für die angekündigten Kalenderreformen scharf kritisiert. "Da der Kalender bereits mit nationalen Klubbewerben und ständig wachsenden internationalen Wettbewerben überlastet ist, birgt die Entscheidung der Fifa das Risiko eines Überangebots an Spielen, weiterer Verletzungen von Spielern und einer Verzerrung des Wettbewerbsgleichgewichts", hieß es. Ein eng mit der Fifa verwobener Funktionär sagte der Nachrichtenagentur dpa: "Mit Geld geht alles." (Andreas Gstaltmeyr, APA, sid, 15.3.2023)