Die gebürtige Niederösterreicherin Anita Traninger forscht an der FU Berlin zur Rhetorik der Neuzeit.
Foto: DAVID AUSSERHOFER

Über eine beachtliche Forschungsförderung darf sich die aus Österreich stammende Romanistin Anita Traninger freuen: Ihr wird am Mittwoch in Berlin der Leibniz-Preis verliehen, der mit 2,5 Millionen Euro dotiert ist. Der Gottfried-Wilhelm-Leibniz-Preis ist nicht nur einer der wichtigsten, sondern mit 2,5 Millionen Euro auch einer der höchstdotierten Forschungsförderpreise Deutschlands. Er wird von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) seit 1986 jährlich vergeben. Zum Vergleich: Der Nobelpreis ist mit umgerechnet weniger als einer Million Euro dotiert. Das Preisgeld kann bis zu sieben Jahre nach Erhalt für Forschungszwecke verwendet werden. Der Preis soll die Arbeitsbedingungen von herausragenden Forschenden verbessern und sie von administrativem Arbeitsaufwand entlasten.

Traninger ist seit 2015 Professorin am Institut für Romanische Philologie an der Freien Universität Berlin. Die gebürtige Niederösterreicherin übernahm nach ihrer Dissertation an der Universität Wien zunächst die interne und externe Kommunikation der österreichischen Kammer der Wirtschaftstreuhänder. Danach wechselte sie an das Institut für die Wissenschaften vom Menschen (IWM). "Ich war eigentlich schon raus aus der Wissenschaft", erzählt sie. Erst als sie bei einer Tagung durch Zufall den Ersten Vizepräsidenten der FU Berlin, Klaus Hempfer, kennenlernte, wurde eine Rückkehr in die Wissenschaft konkret.

Hochdotierter Preis

Als vor wenigen Wochen das Telefon in Traningers Büro klingelte, staunte sie nicht schlecht: "Ich wurde erst einmal gebeten, mich hinzusetzen", erzählt die Wissenschafterin. Sie erinnert sich noch an das Herzklopfen, das dieser Satz bei ihr auslöste. "Dann hat man mir gesagt, dass ich den Leibniz-Preis gewonnen habe."

Aktuell forscht die 54-Jährige zu spanischer und französischer Literaturwissenschaft mit dem Schwerpunkt Rhetorik. Soziale Medien werfen für sie neues Licht auf die sprachlichen Phänomene der Vergangenheit: "Wenn ich mir Debatten auf Twitter anschaue, dann gewinne ich für meine Forschung zur Kommunikation in der frühen Neuzeit ganz neue Perspektiven." Methodisch muss eine Literaturwissenschafterin natürlich vor allem eins: lesen. Heutzutage stehen viele Schriften online zur Verfügung. "Trotzdem gehe ich noch immer gerne in Bibliotheken. Ein richtiges Buch in der Hand zu halten ist einfach ein tolles Gefühl."

Interdisziplinäre Zusammenarbeit

An der FU Berlin wird in den Geisteswissenschaften interdisziplinäres Arbeiten großgeschrieben, was Traninger sehr schätzt. Ihr Team vereint neben den modernen Literaturwissenschaften auch Vertreterinnen und Vertreter der Ägyptologie, Koreastudien und Geschichtswissenschaften. Für die Verwendung des Preisgelds hat Traninger schon eine konkrete Vision: "Ich möchte ein internationales Projekt zur Redefreiheit in der frühen Neuzeit aufbauen. Obwohl es in dieser Epoche im heutigen Sinne keine Demokratie oder öffentliche Rede gab, wurden schon damals Formate und soziale Räume geschaffen, in denen Redefreiheit ermöglicht wurde. Daran möchte ich forschen."

Ihrer Heimat Österreich ist sie bis heute sehr verbunden: "Ich bin zwar intellektuell in Berlin zu Hause, mit dem Herzen aber immer in Österreich." Die Verleihung findet am 15. März in Berlin statt.

Österreich ist bei den diesjährigen Leibniz-Preisen neben Traninger noch zwei weitere Male vertreten: Claudia Höbartner, die an der Universität Würzburg forscht, wurde für ihre Arbeit im Bereich der Biologischen Chemie ausgezeichnet. Die Niederösterreicherin konnte durch ihre Forschung zeigen, dass die DNA ähnlich wie Proteine wirken kann – über sogenannte Desoxyribozyme durchtrennt und verbindet sie RNA-Moleküle. Ebenso prämiert wurde der Immunologe Georg Schett, der an der Universität Erlangen-Nürnberg tätig ist. Er erhielt den Leibniz-Preis für seine Arbeit zu innovativen Therapien für die Behandlung von Autoimmunkrankheiten. (Anna Tratter, 15.3.2023)