Mit scharfen Worten fordert Oskar Deutsch, der Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde Wien, die auch für Niederösterreich zuständig ist, in seinem Gastkommentar den Abbruch der Koalitionsgespräche mit der FPÖ in Niederösterreich.

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Gerade die niederösterreichische Volkspartei war stets um Abgrenzung von deutschnationalen Randgruppen bemüht. Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner und ihr Team wurden nicht ausschließlich, aber unter anderem wegen ihrer klaren Haltungen in Fragen der Demokratie und Menschenrechte als stimmenstärkste Partei bestätigt. Sie haben sich auch klar gegen das Infragestellen von Menschenrechten durch die FPÖ ausgesprochen.

"Es droht ein massiver Glaubwürdigkeitsverlust."

Dass die Volkspartei nunmehr eine Koalition mit der FPÖ eingehen möchte, konterkariert die Bemühungen um einen aufrichtigen Umgang mit der Verantwortung, die sich aus der Geschichte Österreichs für die nächsten Generationen ableitet. Es droht ein massiver Glaubwürdigkeitsverlust.

Unter den führenden Vertretern der FPÖ Niederösterreich finden sich Personen, die

  • stolz den Hitlergruß zeigen,
  • Burschenschaften angehören, in denen Nazi-Liederbücher gefunden wurden,
  • diese Liederbücher aktiv bewarben,
  • in Facebook-Gruppen mit Shoah-Leugnern sind,
  • Nationalsozialisten huldigen,
  • eine Registrierungspflicht für Jüdinnen und Juden einführen wollen,
  • Verbindungen zu rechtsextremen Gruppen haben,
  • die Rassismus und Homophobie verbreiten,
  • die Menschenrechte infrage stellen und
  • Hilfe an Erdbeben-Opfer in der Türkei verweigern.

Das sind keine Einzelfälle, das ist System und braucht klare Abgrenzung durch staatstragende, den Menschenrechten verpflichtete Parteien. Heute sind es Verhandlungen, morgen ist es eine Koalition. Und übermorgen? Realpolitik darf nicht als Ausrede dienen.

Ich appelliere an Landeshauptfrau Mikl-Leitner, die Gespräche mit dem politischen Arm der deutschnationalen Burschenschaften sofort zu beenden und Gespräche mit den anderen im Landtag vertretenen Fraktionen aufzunehmen. Insbesondere ist die SPÖ aufgerufen, sich ihrer antifaschistischen Rolle bewusst zu werden und den Konsens zu suchen. Im konkreten Fall würde ein "Njet" aus parteitaktischen Überlegungen einen Schaden für ganz Österreich bedeuten. (Oskar Deutsch, 15.3.2023)