OStA-Wien-Chef Johann Fuchs darf auch in der Instanz auf einen Freispruch hoffen.

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Man darf in Österreich vor einem parlamentarischen U-Ausschuss die Unwahrheit sagen: Das zeigte einmal mehr der erstinstanzliche Freispruch für Oberstaatsanwalt Johann Fuchs. Das ist kein Fehlurteil, sondern leitet sich aus Paragraph 290 des Strafgesetzbuches ab, dem sogenannten Aussagenotstand. Wer falsch aussagt, um "Schande", "strafrechtliche Verfolgung" oder einen "vermögensrechtlichen Nachteil" abzuwenden, kann straffrei ausgehen – und das ist prinzipiell auch gut so.

Nicht angebracht ist es jetzt allerdings, so zu tun, als wäre damit alles in Ordnung gewesen – oder als wären Ermittlungen und Prozess gegen Fuchs an sich skandalös gewesen. Faktum ist, dass ein Leitender Oberstaatsanwalt, der die Arbeit der wohl wichtigsten beiden Staatsanwaltschaften StA Wien und WKStA kontrollieren sollte, das Parlament falsch informiert hat, auch wenn er dafür womöglich nachvollziehbare Gründe hatte.

Kritik muss sich aber auch die WKStA gefallen lassen: Deren Aktionen, wie etwa die Anzeige gegen eine Journalistin wegen eines kritischen Artikels, waren Öl ins Feuer der justizinternen Scharmützel. Auch andere Fehltritte wie die peinliche Anklage gegen Christoph Chorherr und andere oder die Causa BVT haben bislang zu keinen spürbaren Konsequenzen für die WKStA geführt.

Angst vor "Schande"

Mit den kommenden Entscheidungen über einen Kronzeugenstatus für Thomas Schmid oder eine Anklage samt Prozess gegen Sebastian Kurz stehen der WKStA die nächsten aufsehenerregenden Ereignisse bevor. Gerade für Letzteres ist der Freispruch für Johann Fuchs aus Sicht der WKStA keine gute Nachricht. Auch Ex-Kanzler Kurz könnte sich auf den Aussagenotstand berufen und somit auch dann einen Freispruch erhalten, wenn das Gericht eine Falschaussage vor dem U-Ausschuss als erwiesen ansehen würde. Bislang bestreitet Kurz ja, gelogen zu haben und es gilt die Unschuldsvermutung.

Schon bei Fuchs ist das für alle Seiten ein unbefriedigendes Ergebnis. Bei Kurz bliebe ein noch bitterer Beigeschmack. Gerade die ÖVP hat sich nahezu obsessiv auf das Strafrecht als rote Linie festgelegt. Das ist ein Armutszeugnis. Politiker und Beamte sollten nicht knapp an strafrechtlichen Verurteilungen vorbeischrammen, sondern weit davon entfernt sein – und nicht falsch aussagen dürfen, weil sie Ermittlungen oder "Schande" fürchten. (Fabian Schmid, 15.3.2023)