Es muss ein seltsames Bild gewesen sein: Die Kurgäste saßen da in einer Art von Schwimmbecken, in dem kein Wasser war. Dafür wurde gasförmiges Kohlendioxid direkt aus einer sprudelnden Quelle eingeleitet, das sofort zu Boden sank. Man verweilte am Rand, badete sozusagen im Trockenen. Nur den Kopf ins Gas tauchen oder in Ohnmacht fallen sollte man nicht, schließlich führt hochkonzentriertes CO2 zu Atemnot und Bewusstlosigkeit.

Im tschechischen Kurort Marienbad werden noch traditionelle Behandlungen angeboten.
Foto: Falkensteiner Marienbad

Im tschechischen Kurort Marienbad, mit dem Zug zweieinhalb Stunden von Prag entfernt, hat man noch die Möglichkeit, traditionelle Behandlungen wie das "trockene CO2-Bad" auszuprobieren. Es soll die Durchblutung fördern, den Blutdruck senken, entzündungshemmend wirken, die Wundheilung beschleunigen und einen positiven Effekt auf die Nierenfunktion haben. "Wir bieten allerdings die sichere Variante bei uns an", erklärt Hoteldirektor Reinhard Wall vom Falkensteiner Spa Resort Marienbad.

Anders als bei dieser Anwendung sitzt man bei einem Kohlendioxidbad auf dem Trockenen.
Foto: Falkensteiner Marienbad

Der sichere "Gasumschlag" funktioniert so: Ich liege in einem großen Kunststoffbeutel, unter der Brust wird er fest verschlossen. Dann wird das Gas hineingepumpt, bis ich in meiner Hülle wie ein Ballon aussehe. 20 Minuten soll ich mich entspannen. Natürlich poste ich ein Foto auf Instagram, eine Freundin meint, ich würde sie an eine Bienenkönigin erinnern. Spa-Manager Daniel Fajkus erklärt mir danach, dass die CO2-Behandlung eine der ältesten Anwendungen dieses Kurorts ist, der auf Tschechisch Mariánské Lázně heißt: "Wir haben 40 Heilquellen, die sehr unterschiedlich schmecken und wirken, weil sie aus verschiedenen Tiefen aus dem vulkanischen Boden sprudeln. Und wir haben eine Gasquelle, das sogenannte Mariengas, das natürlich austritt." Im Hotel verwendet man einfachheitshalber aber eine Gasmischung aus der Flasche, das hat denselben Effekt und ist besser zu handhaben.

Die Marienbader Kolonnade wurde Ende des 19. Jahrhunderts nach Plänen der Wiener Architekten Miksch und Niedzielski errichtet.
Foto: Karin Cerny

In der Nebensaison ist Marienbad angenehm verschlafen, in der Trinkhalle, die noch sehr sozialistisch aussieht, kann man gratis die Heilwässerchen probieren. In den gusseisernen Kolonnaden von 1869 bekommt man ein Gefühl, wie nobel dieser Kurort einst gewesen sein muss, in dem sich Kaiser, Könige und Dichter eine Auszeit gönnten. Dem übergewichtigen Zaren Nikolaus II. wurden ausgedehnte Spaziergänge verordnet. "Damals wurde empfohlen, 20 Kilometer täglich zu Fuß zu gehen", erzählt Fajkus. Der deutsche Schriftsteller Johann Wolfgang von Goethe soll 17-mal hier gewesen sein. "Man muss in Marienbad schon fast Schilder aufstellen, auf denen steht: Hier war Goethe nicht", scherzt meine Stadtführerin. Linda Krouparová wurde in Marienbad geboren, sie zeigt mir auch, wo König Edward VII. aus England gebadet hat – heute kann man die Kabine mieten.

Der alte Trakt des Falkensteiner-Hotels ist Jugendstil und hieß ursprünglich Hotel Casino.
Foto: Falkensteiner Marienbad

Der alte Trakt des Falkensteiner-Hotels wurde 1898 im Jugendstil erbaut, damals hieß es Hotel Casino, vom historischen Flair zeugen vor allem der Eingangsbereich und die Bibliothek, aber auch die Kuranwendungskabinen im Untergeschoß. Natürlich sprudelt auch im Hotel Wasser aus der Alexandraquelle, das sehr eisenhältig ist. 2021 wurde das Hotel komplett renoviert, die Zimmer sind geräumig und minimalistisch gestaltet, die Gäste sind bunt gemischt: Familien mit Kindern, Hipster-Paare, ältere Menschen vor allem aus Deutschland, die sich ihre Kuranwendungen daheim von der jeweiligen Krankenkasse anrechnen lassen. Ein Herr erzählt im Lift, er sei aus Köln vom Karneval geflohen. Marienbad ist ein idealer Ort dafür, zwischen Nostalgie und Moderne lässt sich der Trubel der Welt vergessen. Im Sommer ist Marienbad zwar touristisch überlaufen, aber das Falkensteiner liegt zum Glück ein wenig abseits der Hauptstraße. (Karin Cerny, 27.3.2023)