Pink-Floyd-Mitbegründer Roger Waters unterstützt seit Jahren den Boykott Israels. Bei früheren Auftritten ließ er einen Ballon in Schweineform mit dem Davidstern aufsteigen – nach massiver Kritik stellte er dies wieder ein.

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Der Pink-Floyd-Mitbegründer Roger Waters (79) ist nicht willkommen. Die Stadt Frankfurt am Main hat sein geplantes Konzert abgesagt, München wollte ihn ebenfalls nicht auftreten lassen – jedoch war eine Kündigung des Vertrags aus rechtlichen Gründen nicht möglich. "Ich will ihn hier nicht haben, und wir müssen es jetzt ertragen", meinte der Münchner Bürgermeister Dieter Reiter (SPD) dazu. Zuvor hatte sich eine breite Mehrheit im Rathaus gegen den Auftritt ausgesprochen, da Waters immer wieder antisemitische Ressentiments schüre. Kritisiert wird unter anderem, dass sich der Sänger des antisemitischen Narrativs einer "ungemein mächtigen, jüdischen Lobby" bediene und das Existenzrecht Israels infrage stelle. Auch nutzte er Konzerte als Bühne für seine politische Propaganda – bei früheren Auftritten ließ er einen Ballon in Schweineform mit dem Davidstern aufsteigen.

Für Waters ist die Absage seines Konzerts in Frankfurt ein Angriff auf die Kunstfreiheit. "Politiker haben kein Recht, Künstler und ihre Fans mit Auftrittsverboten einzuschüchtern und zu schikanieren", sagte der Sänger am Dienstag in London. Zuvor hatte er in einem "Spiegel"-Gespräch einmal mehr beteuert, dass er kein Antisemit sei und es "bizarr" sei, dass seine Karriere "nun auf Grundlage von Behauptungen der Israel-Lobby" angegriffen werde.

"Boycott, Divestment and Sanctions"

Das sieht der hessische Antisemitismusbeauftragte Uwe Becker nicht so. Waters habe sich "immer mehr zu einem hasserfüllten Gegner des Staates Israel entwickelt", sagte er im vergangenen Jahr. Der Sänger trete "mit zunehmender Aggressivität" für die antisemitische Boykottbewegung BDS ein. Die Abkürzung steht für "Boycott, Divestment and Sanctions". Ziel der Bewegung ist laut Kritikern, den Staat Israel wirtschaftlich, kulturell und politisch zu isolieren. BDS setzt unter anderem auf den Boykott israelischer Produkte und bezeichnet Israel faktenwidrig als "Apartheidstaat". Anders als im Südafrika unter dem Apartheidregime sind in Israel alle Staatsbürger und Staatsbürgerinnen rechtlich gleichgestellt.

"Waters nutzt seit Jahren seine Bekanntheit, um in diffamierender Weise gegen den jüdischen Staat zu hetzen und dessen Legitimation infrage zu stellen", sagte Becker. "Waters ist ein schlimmes Beispiel für aggressiven, israelbezogenen Antisemitismus."

Im "Spiegel" betonte Waters erneut, in Israel nicht aufzutreten, da dort Apartheit herrsche und es einen "rassistischen Status quo" gebe. "Die Sache meiner unterdrückten Brüder und Schwestern in Palästina ist mir wichtiger als die Bedürfnisse israelischer Fans meiner Musik in Israel." Und er fordert auch andere Künstler und Künstlerinnen auf, es ihm gleichzutun.

"Leider bist du antisemitisch bis ins Mark"

Derartige Aussagen kommen bei seinem einstigen Pink-Floyd-Bandkollegen David Gilmour nicht gut an. Dessen Frau, die Songwriterin Polly Samson, schrieb in einem längeren Tweet an den "Putin-Apologeten" Waters gerichtet: "Leider bist du antisemitisch bis ins Mark." Gilmour teilte den Post und schrieb: "Jedes Wort nachweislich wahr."

Polly Samson nennt Roger Waters "antisemitisch" und einen "Putin-Apologeten".

In Österreich ist kein Konzert von Waters geplant, aber eine überschaubare Gruppe von BDS-Aktivisten und -Aktivistinnen ist auch hierzulande aktiv. Sie veranstalten Kundgebungen und beteiligen sich an israelfeindlichen Demonstrationen. Zuletzt am vergangenen Samstag. Einige Dutzend Aktivisten und Aktivistinnen zogen durch die Wiener Mariahilfer Straße und skandierten dabei "Allahu Akbar" und "Free Palestine".

"Allahu Akbar" und "Free Palestine". BDS-Demonstration am 25. März in Wien.
Foto: Markus Sulzbacher
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Personen aus dem Umfeld tauchten etwa unlängst bei der diesjährigen Anti-Opernball-Demo der KJÖ auf. Dort trugen sie palästinensische Fahnen und ein Transparent, auf dem gegen den "Siedlerstaat Israel" gewettert wurde. Das Auftreten der BDS-Aktivisten und -Aktivistinnen wurde von den Jungkommunisten und -kommunistinnen geduldet.

Anti-Opernball-Demo mit Transparent gegen den "Siedlerstaat Israel".
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Die BDS-Bewegung wurde im Juli 2005 gegründet. Es ist keine feste Organisation, sondern ein loser, internationaler Zusammenschluss von 172 Akteuren, die eine gemeinsame Agenda verfolgen. BDS wird von islamistischen Terrorgruppen wie der Hamas sowie dem Islamistischen Jihad unterstützt, und viele BDS-Aktivisten und -Aktivistinnen sprechen Israel das Existenzrecht ab.

Die Gruppe ist "als klar antisemitisch zu bewerten", wie der Buchautor ("Die Israel-Boykottbewegung") Florian Markl sagt.

Andere Maßstäbe

Bezeichnend sei laut Markl, dass seitens von BDS an Israel "völlig andere Maßstäbe angelegt werden als an andere Staaten". Israel werde "ständig der nur schlimmsten denkbaren Verbrechen angeklagt – von rassistischer Diskriminierung über Apartheid, ethnische Säuberungen und Kriegsverbrechen aller Art bis hin zu Kolonialismus, Imperialismus und Genozid. Mit der Realität haben all diese Vorwürfe in aller Regel wenig bis nichts zu tun, sie sind eben groteske Dämonisierungen Israels."

Anti-BDS-Aufkleber in Wien.
Foto: Markus Sulzbacher

Markl stellt auch die Frage, warum es Boykottaufrufe gegenüber Israel gibt, aber nichts dergleichen gegen Staaten, die sich tatsächlich schwerster Verbrechen und Verstöße gegen die Menschenrechte schuldig machen. Oder warum es keine Boykottbewegung gegen Nordkorea, China, Saudi-Arabien, Venezuela oder den Iran gebe. Und warum sich BDS ausschließlich für Israel interessiere, während die schrecklichen Lebensbedingungen von Palästinensern im Libanon oder in Syrien völlig ignoriert werden. Für Markl ist die Antwort klar: Es gehe "um nichts anderes, als dem jüdischen Staat jegliche Existenzberechtigung abzusprechen". Dieser Frontalangriff "auf Israel richtet sich gegen eine der wichtigsten Komponenten des heutigen Judentums – und für so etwas gibt es einen Begriff: Das nennt man Antisemitismus."

Das bedeute nicht, dass jeder BDS-Befürworter ein Antisemit ist, aber er unterstütze eine antisemitische Kampagne, sagt Markl. (Markus Sulzbacher, 29.3.2023)