Ich war's nicht – das sagen die meisten Vorgesetzten zu Fehlern laut einer Umfrage der Wirtschaftsprüfer EY.

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Mein Fehler! Ich habe mich geirrt. Das habe ich falsch eingeschätzt. Ich sehe jetzt, das habe ich in die falschen Bahnen gebracht. Stimmt, das hätten wir ganz anders machen müssen. Ich revidiere meine Entscheidungen.

Wie oft haben Sie von Ihren Vorgesetzten solche Sätze schon gehört? In der Finanzbranche kaum jemals, glaubt man der jüngsten Befragung der Wirtschaftsprüfer EY in Deutschland: 1.000 Führungskräfte und Angestellte aus den Branchen Maschinenbau, Transport und Logistik, Automobilherstellung und Automobilindustrie sowie Banken und Versicherungen wurden befragt. Ergebnis: 64 Prozent der Chefs und Chefinnen haben in den vergangenen beiden Jahren eigene Fehler gar nicht oder nur teilweise zugegeben.

In der Finanzwelt sind es sogar 82 Prozent. Dabei sorgt sich die Hälfte der Führungskräfte darum, dass sich (ihre) Fehler zu Skandalen ausweiten könnten. Wiederum 50 Prozent hakten mögliche Wettbewerbs- und Innovationsnachteile am Befragungsbogen an. Immerhin befürchten 44 Prozent der Manager dadurch eine Demotivation der Belegschaft. Sie wissen also, was sie tun. Und geben das in fast bestürzender Ehrlichkeit zu Protokoll. Warum kehren sie dennoch ihre Fehler unter die Teppiche?

Angst um die Karriere

Alte Gewohnheiten, sagen 50 Prozent. Angst vor Gesichtsverlust, wurde von 48 Prozent in dieser Umfrage angekreuzt. Die Sorge vor Karrierenachteilen (68 Prozent) und Angst vor Jobverlust (53 Prozent) führen in der Liste der Motive.

Und was sagen die Untergebenen? Besonders relevant sind aus Sicht der Angestellten das Zugeben eigener Fehler (63 Prozent), das direkte Beheben von Fehlern (52 Prozent) sowie die Ermutigung zu einem regelmäßigen Austausch über Fehlschläge (49 Prozent). Auch dieser Befund ist eindeutig: Wer als Arbeitgeber attraktiv sein will und auf geringe Fluktuation Wert legt, sollte sich um eine offene Fehlerkultur kümmern.

Obwohl: Ein bisschen, das ist interessant, sind bei aller Angst um die eigene Karriere schon auch "die anderen" schuld. 38 Prozent der Führungskräfte sagen, mangelndes unternehmerisches Denken verhindere konstruktiven Umgang mit Fehlern. Da ist viel faul in den Unternehmenskulturen. Und da herrscht vielerorts offenbar noch immer der Mythos des unfehlbaren Helden an der Spitze eines Teams, einer Organisation, dem die jeweiligen Personen aber natürlich nie gerecht werden können.

Fehlerkultur von gestern

Das Ergebnis: Fehlerkultur bleibt Verschweigen, Suche nach Schuldigen, Erfinden von Sanktionen, Beseitigung vermeintlich Schuldiger. Kein Wunder, wenn die vielgesuchten Jungen nach kurzer Zeit draufkommen, dass das, was hier versprochen wurde, nicht eingehalten wird – und weiterziehen. Aber das wissen wir ja schon sehr lange. (Karin Bauer, 16.3.2023)