Der Streit soll endlich ein Ende finden: Der burgenländische Landeshauptmann Hans Peter Doskozil und SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner lassen in den kommenden Monaten die rund 140.000 Mitglieder entscheiden, wer die Partei führen und Nummer eins bei der nächsten Nationalratswahl werden soll. Darauf haben sich ranghohe Funktionärinnen und Funktionäre geeinigt. Doch wie geht es nach dem Beschluss in den Gremien weiter?

Rendi-Wagner und Doskozil verließen die entscheidende Sitzung des SPÖ-Präsidiums am Mittwoch gemeinsam. Nun beginnt der interne Wahlkampf.
Foto: Heribert Corn

Frage: Die SPÖ hält eine Mitgliederbefragung über ihren Parteivorsitz ab. Was heißt das genau?

Antwort: In den nächsten Wochen sollen die Gremien einen Fahrplan und Details vorlegen. Darunter fällt auch, wie die Frage an die Mitglieder formuliert ist, ob noch andere Themen aufgebracht werden oder wann genau die Befragung abgehalten wird. Klar ist: Sobald es einen Beschluss für eine Mitgliederbefragung gibt, hat die Partei drei Monate Zeit, die Befragung zu starten.

Frage: Gab es das schon einmal?

Antwort: Ja. Im Jahr 2020 wurden die Mitglieder zuletzt befragt – auch damals ging es um Rendi-Wagner: 71,4 Prozent stimmten damals für sie als Parteichefin. Vor drei Jahren hatten die Mitglieder rund einen Monat Zeit für die Stimmabgabe. Sie konnten per Brief und online abstimmen.

Frage: Ist das Votum bindend?

Antwort: Nein – aber: In den Gremien hat man sich darauf geeinigt, dass die Befragung die Grundlage für einen Sonderparteitag sein soll. Gedeutet wird das so: Nur der oder die Überlegene stellt sich auch auf dem Parteitag zur Wahl. Allerdings: Geht die Befragung extrem knapp aus, könnte sich das trotzdem noch ändern. Antreten darf laut Statut nämlich jedes SPÖ-Mitglied.

Frage: Wie läuft dann der Sonderparteitag ab?

Antwort: Auch das ist noch nicht fixiert. Mindestens zwei Wochen, maximal zwei Monate hat die Partei Zeit, einen Parteitag einzuladen. Dort wählen noch einmal die Funktionäre – konkret rund 650 Delegierte, die von den Bezirks- und Landesparteien sowie diversen Vorfeldorganisationen geschickt werden.

Frage: Gibt es einen internen Wahlkampf um den Vorsitz?

Antwort: Ja, allerdings ist noch offen, in welcher Form genau. Rendi-Wagner blieb dazu eher reserviert. Sie werde das mit Doskozil besprechen, ließ sie in ihrem Statement nach der Vorstandssitzung wissen. Es werde aber sicher Möglichkeiten geben, Inhalte zu präsentieren. Gerüchten zufolge könnten die beiden Kontrahenten durch die Bundesländer touren und den Parteimitgliedern ihre Ideen präsentieren.

Frage: Was passiert eigentlich, wenn Doskozil als Sieger hervorgeht – bleibt er Landeschef?

Antwort: Es spricht nichts dagegen, dass Doskozil als Bundesparteivorsitzender auch weiterhin Landeshauptmann im Burgenland ist. Diese Doppelfunktion ist in der SPÖ zwar unüblich, aber nicht verboten. Als Landeschef des Burgenlandes will Doskozil allerdings die SPÖ nicht in die Nationalratswahl führen – diese ist für 2024 geplant. Sprich: Im Wahlkampf würde es auch einem Wechsel an der Spitze des Burgenlands geben. Diese Konstellation gab es allerdings schon: Jörg Haider war 2008 nicht nur Kärntner Landeschef, sondern auch BZÖ-Spitzenkandidat für die Nationalratswahl. Die Option, als Abgeordneter in den Nationalrat zu wechseln und dort, so wie aktuell Rendi-Wagner, den Klub zu führen, hat Doskozil nicht: Er kandidierte 2019 schlicht nicht für ein Mandat im Parlament.

Frage: Was kann man von einer SPÖ unter Doskozil erwarten?

Antwort: Doskozil gab bereits in seinem Kandidaturschreiben einen Vorgeschmack auf einige seiner Inhalte – wenig überraschend sind es Themen, auf die er auch im Burgenland setzt: die Einführung des Mindestlohns, Gratiskindergarten und ein Miet- und Wärmepreisdeckel. Zudem will Doskozil Antworten auf die großen gesellschafts- und wirtschaftspolitischen Umbrüche finden – "ein Steuersystem, das Arbeit honoriert", oder den Ausbau von Sonnen- und Windkraft und eine "klare und rechtsstaatliche Haltung zu den Themen Asyl und Migration". Mit der FPÖ will der Burgenländer nicht koalieren, seine Präferenz liegt bei einer Ampelkoalition mit Neos und Grünen, wie er in einem Interview mit dem STANDARD erklärte.

Frage: Gab es schon einen internen Wettstreit um den Parteivorsitz?

Antwort: Ende 2017 duellierten sich Michael Ludwig und Andreas Schieder um die Nachfolge von Michael Häupl als Chef der Wiener SPÖ und Bürgermeister von Wien. Am 27. Jänner 2018 trafen auf einem Parteitag rund 980 Delegierte die Wahl. Im Vorfeld präsentierten die beiden Konkurrenten in mehreren Formaten ihre Ideen. Sie traten in zwei Hearings vor den Delegierten gegeneinander an (im Vorfeld konnten per E-Mail Fragen eingereicht werden), wurden den Parteimitgliedern in einer Sonderausgabe der Mitgliederzeitung und in E-Mails persönlich und politisch vorgestellt. Zudem stellten sie sich in zwei Einzelchats der breiteren Öffentlichkeit, und auf der Website der Wiener SPÖ wurde ein Bereich mit Infos zu den beiden eingerichtet.

Frage: Auch die Wiener Partei war zerstritten. Hat ihr die Kampfabstimmung genutzt?

Antwort: Die internen Querelen haben sich nach der Abstimmung, bei der Ludwig 57 Prozent erreichte, relativ rasch gelegt. Spätestens nachdem der neue Parteichef im Mai 2018 sein neues Stadtregierungsteam präsentiert hatte, kehrte Ruhe in die Partei ein – was ihm in der Wiener SPÖ zugutegehalten wird. Die Genossen bedankten sich bei Ludwig mit hohen Zustimmungswerten bei seiner Wiederwahlen zum Parteichef: 2019 erhielt er 90,8 Prozent, 2022 sogar 94,4 Prozent. Wohl ein Grund dafür: Die Wahlergebnisse stimmen. Bei der Gemeinderatswahl 2020 holte Ludwig ein Plus von rund zwei Prozentpunkten, die SPÖ kam auf 41,6 Prozent der Stimmen. (Oona Kroisleitner, Stefanie Rachbauer, 16.3.2023)