Ernie weiß nur begrenzt zu begeistern

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Im Rennen um die technologische Führung bei Künstlicher Intelligenz (KI) kann China vorerst keinen Boden gutmachen. Der ChatGPT-Rivale namens Ernie des Google-Rivalen Baidu enttäuschte bei seinem Debüt am Donnerstag die hohen Erwartungen. Der chinesische Suchmaschinen-Betreiber präsentierte in fünf kurzen Werbevideos, wie Ernie unter anderem Fragen zu einem populären chinesischen Science-Fiction-Roman beantwortet, mathematische Formeln berechnet und anhand einiger Stichworte Bilder und Videos erstellt.

Ungewohnte Ehrlichkeit

"Wir können beileibe nicht behaupten, dass es perfekt ist", sagte Baidu-Chef Robin Li. "Warum also stellen wir es heute vor? Weil der Markt es verlangt." Dieser reagierte mit Skepsis auf Ernie. Die Aktien des Technologiekonzerns rutschten in Hongkong um mehr als sechs Prozent ab.

Ausgewählte Nutzer haben weiteren Angaben zufolge ab sofort Zugriff auf Ernie. Unternehmen können die KI-Software in ihre eigenen Produkte, die auf der Baidu-Cloud laufen, einbauen. Bislang hätten 650 Firmen Interesse signalisiert. Die ersten Verträge mit chinesische Staatsmedien und einem Shaolin-Tempel seien bereits unterschrieben. Baidu will außerdem seine in China dominierende Internet-Suchmaschine sowie zahlreiche andere Angebote um KI-Fähigkeiten erweitern.

Freiheit

Die Regierung in Peking sieht KI als wichtiges Zukunftsfeld und will Entwicklern große Freiheiten lassen. Experten sehen diesen Bereich neben der Chip-Industrie als weiteres Feld im Ringen mit den USA um die technologische Vormacht-Stellung. Baidu-Chef Li warnte allerdings davor, die aktuelle Präsentation seiner KI durch die geopolitische Brille zu betrachten. "Ernie Bot ist kein Instrument der Konfrontation zwischen China und den USA."

Unternehmen aus den Vereinigten Staaten sind der Volksrepublik beim Thema KI voraus: Microsoft hat ChatGPT, den Auslöser des aktuellen Hypes, bereits in seine Suchmaschine Bing eingebaut und will die Technologie in sämtlichen Anwendungen des Office-Pakets zum Einsatz bringen. Vor einigen Tagen stellte die Microsoft-Beteiligung OpenAI eine neue Version der ChatGPT zugrundeliegenden Software vor – GPT-4. Sie kann nicht anhand von Stichwörtern, sondern auch anhand von Bildern Inhalte erstellen. Google hält mit "Bard" dagegen und baut KI-Fähigkeiten ebenfalls in seine Internet-Suche und Büro-Programme ein. Mit Hilfe eines "Zauberstabs" sollen sich unter anderem Zusammenfassungen von Emails oder Texten erstellen lassen. (Reuters, 16.3.2023)