Messengerdienste sind eine feine Sache. Damit können große Personenkreise ohne Verzögerung erreicht werden. Auch die Polizei informiert auf Twitter über aktuelle Einsätze und allgemeine Sicherheitsbelange. Die Terrorwarnung der Wiener Polizei, die am Mittwochvormittag auf tausenden Smartphones aufpoppte, bedarf allerdings einer kritischen Nachbetrachtung.

"Aktuell werden Sie im Stadtgebiet vermehrt Polizeikräfte tw. mit Sonderausrüstung wahrnehmen", hatte es zunächst auf dem Twitter-Account der Wiener Polizei geheißen. "Grund ist eine nicht näher konkretisierte Anschlagsgefahr gegenüber Kirchen." Kurz darauf wurde unter Berufung auf Erkenntnisse des Staatsschutzes präzisiert, dass eine islamistisch motivierte Anschlagsgefahr in Wien herrsche.

Eine Terrorwarnung der Polizei sorgte Mittwoch und Donnerstag für Verunsicherung in Wien.
Foto: APA/Tobias Steinmaurer

Na bumm! Eine derartige Warnung hatte es bisher noch nie gegeben. Kein Wunder, dass die Polizeimeldung in Privatchats vielfach geteilt wurde und dass Medien, denen ja in Ernstfällen auch eine wichtige Informationsaufgabe zufällt, eifrig Recherchen anstellten. Gerade in Wien sind die Erinnerungen an den Terroranschlag vom 2. November 2020 in der Innenstadt noch frisch. Die Nachricht sorgte verständlicherweise für eine spürbare Verunsicherung. Erst als die Polizei die Mitteilung nachreichte, dass es momentan keine unmittelbare Bedrohung gebe und dass alle Kirchen geöffnet bleiben können, entspannte sich die Situation.

Was bleibt, ist allerdings die Frage, warum die Polizei – überspitzt ausgedrückt – zuerst Angst und Schrecken verbreitet hat. Steckt vielleicht Kalkül dahinter? Immerhin lässt sich in einem Klima der diffusen Bedrohung der Ausbau von Überwachungskompetenzen, wie ihn die Sicherheitsbehörden vehement fordern, leichter durchsetzen.

Wahrscheinlicher ist freilich, dass es ein Kommunikationsproblem zwischen Staatsschutz und Polizei gab. Welche Infos zu welchem Zeitpunkt für die Öffentlichkeit geeignet sind und welche für den internen Gebrauch, ist immer eine Gratwanderung. Gut möglich, dass eine Abteilung vorgeprescht ist.

Es hätte aber nicht passieren dürfen, dass die Polizei eine Terrorwarnung hinausbläst und die Bevölkerung damit mehr oder weniger alleine lässt. Denn genau das spielt dem Terror in die Hände. Die Strategie von Terroristen ist es, Reaktionen zu verursachen, die Bürgerinnen und Bürger denken lassen, dass ein Anschlag sie jederzeit persönlich treffen könnte. (Michael Simoner, 16.3.2023)