Udo Landbauer geht auf eine Einigung mit der ÖVP zu. Vor der Wahl hatte er anderes in Aussicht gestellt.

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St. Pölten – Schon am Wochenende könnte der Rechtsruck in Niederösterreich vollzogen sein: Die Verhandlungen zwischen ÖVP und FPÖ über eine Regierungskoalition gehen ins Finale. Das war am Donnerstag schon aus Kreisen der Volkspartei zu hören, bei der FPÖ gab man sich auf STANDARD-Anfrage etwas vorsichtiger. Doch in der Nacht auf Freitag schien klar: Eine Arbeitsübereinkunft ist, die Zustimmung der Gremien vorausgesetzt, zum Greifen nahe.

Viel Zeit war ohnehin nicht mehr. Denn irgendeine Mehrheit muss sich spätestens am kommenden Donnerstag gefunden haben. Der Landtag muss dann in seiner konstituierenden Sitzung eine Landeshauptfrau oder einen Landeshauptmann wählen.

Das war auch der größte Konfliktpunkt zwischen Volkspartei und Freiheitlichen. Denn der blaue Landesparteiobmann Udo Landbauer hat stets versprochen, Johanna Mikl-Leitner nicht noch einmal zur Landeshauptfrau zu machen. "Wir werden Johanna Mikl-Leitner nicht zur Landeshauptfrau wählen. Weil sie fünf Jahre lang bewiesen hat, dass sie es nicht kann", sagte Landbauer etwa vor der Landtagswahl im STANDARD-Interview.

FPÖ will Mikl-Leitner "nicht verhindern"

Eine Woche nach dem Beginn der Verhandlungen hört sich das schon anders an: "Unter der Voraussetzung einer inhaltlichen Einigung ergibt sich logisch, dass die Verhandlungspartner die gegenseitigen Personalentscheidungen zur Kenntnis nehmen", sagt Landbauer zur APA, "in der Frage der Landeshauptfrau-Position heißt das, dass die FPÖ eine Wahl der Landeshauptfrau nicht verhindern wird."

Die FPÖ dürfte sich also tatsächlich aus ihrem Wahlversprechen schwindeln und Mikl-Leitner als Landeshauptfrau ermöglichen, ohne sie zu wählen. Werfen die blauen Abgeordneten am Donnerstag nämlich ungültige Stimmzettel ein, reichen die Stimmen der ÖVP für eine Wahl. Denn die Landeshauptfrau braucht nur eine Mehrheit unter den abgegebenen gültigen Stimmen.

Komplexer Geschäftsordnungstrick wäre möglich

Erleichtert wird dieses Manöver durch eine Änderung der Stimmzettel in der Landtagssitzung: Wie berichtet können die Mandatarinnen und Mandatare künftig bei der Landeshauptfrau-Wahl ein "Ja" oder ein "Nein" beim Namen der Kandidatin ankreuzen. Wird nichts angekreuzt, ist der Zettel ungültig. Bisher musste der Name lediglich gestrichen werden – leere Zettel waren nicht ungültig, sondern eine Stimme für die Kandidatin.

Denkbar wäre noch eine weitere Option, für die Schwarz-Blau aber sehr tief in die Geschäftsordnungs-Trickkiste greifen müsste: Erhält keine Kandidatin und kein Kandidat im ersten Anlauf eine Mehrheit für die Wahl der Landeshauptfrau, sieht die Geschäftsordnung des Landtags eine Art Stichwahl vor, in der die beiden Kandidaten mit den meisten Stimmen gegeneinander antreten. In einem solchen Wahlgang würden Mikl-Leitner dann wieder die Stimmen ihrer ÖVP-Abgeordneten reichen.

Dritter Kandidat gesucht

Die Sache hätte aber einen Haken, der die Lösung ungemein komplizierter macht. Eine solche Stichwahl ist erst vorgesehen, wenn mehr als zwei Kandidatinnen bzw. Kandidaten für das höchste Amt im Land nominiert waren, wie die Landtagsdirektion auf STANDARD-Anfrage erklärt. Irgendwo müsste also eine dritte Person herkommen. Selbst wenn es Schwarz-Blau gelingt, diese Konstellation herzustellen, wäre es ein recht offensichtlicher Missbrauch der Geschäftsordnung.

Damit bleibt die ungültige Wahl des FPÖ-Klubs die wahrscheinlichste Variante – vorausgesetzt natürlich, die beiden Parteien werden sich bis Donnerstag einig. Dem Vernehmen nach stehen in den Gesprächen noch größere Themen bevor. (Sebastian Fellner, 17.3.2023)