So geräumig sieht es wohl nicht in vielen Haushalten aus.

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In Österreichs idealem Schlafzimmer liegen Anspruch und Wirklichkeit nicht sehr nah beieinander. Im Wohnzimmer auch nicht, keine Chance. Und in den Küchen. In den Küchen! Hundertschaften an Katalogen voller herrlichster Versprechungen, ein einziger harter Boden der Tatsachen.

Wovon hier die Rede ist? Von der riesigen Lücke, die zwischen den prächtigen und raumgreifenden Ansichten moderner Möbelwelten und den Realitäten in den vier Wänden der Österreicherinnen und Österreicher klafft. Der Marktforscher Andreas Kreutzer hat unlängst in einem Vortrag darauf hingewiesen. Er hat sich, die Traumbilder der Möbelkataloge im Kopf, in die eine oder andere Auswertung des Mikrozensus der Statistik Austria vertieft und ist mit einer ernüchternden Erkenntnis wieder aufgetaucht: Wohneinheiten in Österreich sind zum größten Teil wesentlich kleiner als von der Möbelindustrie angenommen.

Mehrgeschoßige Wohnhäuser

Oder anders gesagt: Die superschicken Badelandschaften, die großzügigen Wohn- und Schlafzimmer, die luftigen Luxusküchen und adretten Arbeitsräume, die in den Prospekten der Hersteller prächtig ausgeleuchtet das vollendete Wohnglück verheißen, korrelieren nicht mit dem Wohnungsbestand in der Alpenrepublik. Warum? "Die Wohnwelten, die in den Katalogen dargestellt werden, tun so, als gäbe es nur Häuser", sagt Kreutzer.

Doch 54 Prozent des gesamten Wohnungsbestands in Österreich – immerhin vier Millionen Hauptwohnsitze – befinden sich in mehrgeschoßigen Wohnhäusern. Fast 90 Prozent davon sind kleiner als 100 Quadratmeter, drei Viertel haben höchstens drei Zimmer.

Natürlich gibt es in Österreich auch Einfamilienhäuser. Sie haben im Schnitt 150 Quadratmeter ohne Keller und wurden in den letzten Jahren immer größer. Doch die durchschnittliche Wohnung hat keine 80, sondern ganz genau genommen 79 Quadratmeter und ist zuletzt auch eher geschrumpft als gewachsen.

Keine Villa

Homo sapiens austriacus lebt also mehrheitlich nicht in den Villen, in denen die Möbelhersteller anscheinend so gerne ihre Produkte fotografieren lassen. Sondern in einer kleinen Einheit mit Wohnküche, die näher am berühmten "Wohn-ess-koch-Klo" als an der mallorquinischen Finca angesiedelt ist. "Wo sollen da die ganzen Möbel hin?", fragt sich Kreutzer. Und mahnt von der Möbelindustrie Designs ein, "die die Realität des österreichischen Wohnens im Blick haben".

Möge er Gehör finden. (Martin Putschögl, 30.3.2023)