Noch kennen sie einander nicht, aber das wird sich bald ändern. Schon in ein paar Wochen freuen sich 2000 bis 3000 Wienerinnen und Wiener auf neue und hoffentlich gute Nachbarschaft. Denn dann beziehen sie im dritten Bezirk das Hochhausquartier The Marks, das aus insgesamt drei Türmen besteht. Der Helio Tower, gebaut von der Buwog, ist bereits bezogen, The One von WBV-GPA und Neues Leben wird im April fertig, und der Q-Tower des ÖSW soll ebenfalls noch im Frühjahr einzugsbereit sein.

Ein erster Blick auf die Sockelzone, die allen Bewohnerinnen und Bewohnern der drei Türme gleichermaßen zur Verfügung steht.
Foto: Daniel Hawelka

Im Erdgeschoß teilen sich die drei Türme eine Sockelzone, die sich über drei Stockwerke erstreckt und alle möglichen Gemeinschaftsflächen beherbergt. Diese können von den Bewohnerinnen aller drei Türme genutzt werden und sind somit laut Michael Gehbauer, Geschäftsführer der Wohnbauvereinigung für Privatangestellte (WBV-GPA), ein wesentlicher Hebel gegen die Anonymität im Hochhaus, von der bei Wohntürmen oft die Rede ist. So gibt es etwa Kinderspielräume, Gemeinschaftsräume mit Kochmöglichkeiten, eine Laufbahn sowie einen Spa- und Fitnessbereich mit Außenpool, Kinderbecken und Sonnendeck.

Eine darüber hinausgehende Vernetzung der künftigen Bewohnerinnen ist nicht vorgesehen. Aus Erfahrung wisse man, so Gehbauer, dass sich die neuen Nachbarn meist sehr rasch selbst in Facebook- oder Whatsapp-Gruppen organisieren.

Zu den zahlreichen Gemeinschaftsflächen gehört auch ein Pool mit Babybecken und Sonnendeck.
Foto: schreinerkastler.at

Während das Erdgeschoß, in dem sich Gastronomie und Geschäfte ansiedeln sollen, auch für die Öffentlichkeit zugänglich ist, stehen die Stockwerke darüber nur den Bewohnern zur Verfügung. "Dort trifft man sich und tauscht sich aus", sagt Gehbauer.

Gute Landung

Man habe eine "gute Landung" schaffen wollen, erklärt die Architektin von The One, Lina Streeruwitz, deren Büro auch mit dem städtebaulichen Masterplan des gesamten Projekts The Marks beauftragt war. Man habe versucht, die Erdgeschoßzone der drei Türme vom recht stark befahrenen Umfeld abzugrenzen, um einen eigenständigen Stadtraum zu schaffen, sagt die Architektin.

Die Wohnungen bieten vor allem in den obersten Stockwerken einen atemberaubenden Ausblick über die Stadt.
Foto: Oreste Schaller

Und weiter: Die große Herausforderung sei heute gar nicht mehr, die Autos, sondern die Stellplätze für 2000 Fahrräder unterzubringen, sagt Streeruwitz. Hier ist es gelungen, und somit beherbergt The Marks die größte Fahrradgarage Wiens. Im Sockel befinden sich außerdem Coworking-Spaces, ein Kindergarten sowie hauseigene Spielplätze. Auf dem dritten Stock entstehen zudem begrünte Begegnungs- und Ruhezonen.

Große Bäume

Für ein Neubauprojekt sind die in der Erdgeschoßzone gepflanzten Bäume ungewöhnlich groß. Das sei Teil des städtebaulichen Vertrags gewesen, ebenso, dass die Dachterrasse von The One zugänglich sein muss – wenn auch nicht für die Öffentlichkeit. "Das Risiko ist uns aufgrund der Höhe zu groß gewesen", erklärt Ivan Blagojevic, Prokurist der gemeinnützigen Bau-, Wohn- und Siedlungsgenossenschaft Neues Leben. Sie kann jedoch von den Bewohnerinnen reserviert und genutzt werden.

Wer ganz nach oben will, nimmt den Aufzug in den 39. Stock und braucht dafür genau 39 Sekunden, wie ein Bauarbeiter erzählt, der als Fahrstuhlführer fungiert, solange das Projekt noch in der Bauphase steckt: "Eine Sekunde pro Stockwerk", erzählt er sichtlich stolz, auch wenn der Job, wie er sagt, etwas eintönig ist. So lange so viele verschiedene Handwerker im Haus sind, müsse jemand darauf achten, dass der Lift nicht blockiert oder etwas beschädigt wird. Zudem fehle so manchen Besuchern noch die Orientierung im Haus, erklärt er.

Eine Musterwohnung in "The One" ist bereits eingerichtet.
Foto: wohnfee

Wie es später einmal aussehen könnte, zeigt sich im 29. Stock, wo eine Vier-Zimmer-Eigentumswohnung schon fertig eingerichtet ist. Rund 700.000 Euro wird sie ihre zukünftigen Besitzerinnen kosten. Einige der Wohnungen mit Größen von 45 bis 130 Quadratmeter sind noch zu haben. Die leistbaren Mietwohnungen, die in den untersten 20 Stockwerken liegen, kosten 11,70 Euro pro Quadratmeter und sind allesamt schon vergeben. "Wohnen im Hochhaus soll kein Privileg sein", ist Gehbauer wichtig zu betonen.

Freie Aussicht

Weiter oben, im 29. Stock, ist die Aussicht freilich beeindruckender. "Alle Türme haben das Ziel, einen freien Blick aneinander vorbei zu ermöglichen", erklärt die Architektin. Eine andere Sache, die auch die Architektur schwer lösen kann, ist der Geräuschpegel, den die A23 zu den drei Türmen hinüberträgt. Doch auch hier hat das Wohnen im Hochhaus einen Vorteil: Denn zumindest ab dem zehnten Stockwerk hört man die Autobahn kaum noch.

Der Ausblick vom Dach aus über die Stadt. Die Autobahn hört man etwa bis in den zehnten Stock relativ stark, darüber wird es ruhiger.
Foto: Redl

Und die Energiekosten? Alle Wohnungen verfügen über eine Fußbodenheizung und sind an das Fernwärmenetz der Stadt Wien angeschlossen. Die Verantwortlichen erklären: "Da die Weichen für dieses Projekt schon vor sieben Jahren gestellt wurden, ist das Energiekonzept hier sicherlich nicht State of the Art. Bei anderen Projekten sind wir schon viel weiter."

An die Zukunft denkt man hier dennoch. Denn das Quartier um The Marks wird sich in den nächsten Jahren weiter verändern – schon jetzt wird rundherum gebaut. Deshalb habe man auch so geplant, sagt Streeruwitz, dass das Projekt jetzt allein, aber hoffentlich auch später funktionieren wird, wenn es in guter Gesellschaft ist. (Bernadette Redl, 24.3.2023)