Ob romantische Szene auf einer Gletscherpassstraße oder wilde Verfolgungsjagden im Schnee – in Bollywood erlebt man so einiges.
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Ich hebe das Telefon ab und sage: "Ah, Hollywood ruft an!" – "Fast. Bollywood! Hast du Zeit?" Am Telefon ist der international beachtete Stuntman Willi Neuner, der mit seiner Agentur stets die spannendsten Projekte an Land zieht. Ach ja, und ich verdiene mir neben meinem Job beim STANDARD ein bisserl was als Stunt- und Präzisionsfahrer dazu. So kommt es, dass der Willi mich manchmal anruft.

In den vergangenen Jahren habe ich schon einiges erlebt. Aber die Bollywoodproduktion war dann doch anders.

Bollywood-Actionthriller.

Mehrseitige Verschwiegenheitsverträge erlauben mir nicht, annähernd ins Detail zu gehen, aber Sie haben sicher gleich ein stimmiges Bild im Kopf, wenn ich Ihnen sage, es war ein harter Bollywood-Actionthriller. Es ging um wilde Verfolgungsjagden mit Schießereien und Explosionen – dazwischen wurde getanzt, gesungen und gekuschelt.

Ich war für eine Kuschelszene gebucht. Inderinnen und Inder sind fasziniert von Schnee, und weil in Bollywood Geld gefühlt keine Rolle spielt, wurde eine (sic!) romantische Szene auf einer Gletscherpassstraße gedreht. Für wenige Sekunden im Film reisten an die 200 Personen aus Indien an. Sie waren hingerissen. Ja, ich komme schon noch dazu, warum Bollywood zum Kuscheln einen Stuntfahrer braucht.

Schnee und blinkende Lichter

Das war einmal, weil der indische James Bond nur schlecht Auto und überhaupt nicht Motorrad fahren konnte. Der andere Grund war, dass man, wenn man halbwegs engagiert mit einem Motorrad zwischen Schneewänden über eine Gletscherstraße brettert und dabei kuschelt, keine Hand frei hat, um den Lenker zu halten. Ich bin also eng umschlungen mit einem indischen Double, freihändig, in zu weiten Hosen, zu engen Schuhen und dabei singend, eine Bergstraße rauf- und runtergedüst.

Zwischendurch musste ich links und rechts blinken. Keine Ahnung, warum. Bollywood steht wohl auch auf die Kombi aus Schnee und sinnlos blinkenden Lichtern. (Guido Gluschitsch, 17.3.2023)