In der Kriminalistik nennt man so etwas eine Indizienkette: Die ÖVP Niederösterreich unterwirft sich der FPÖ in einer Koalition, obwohl sie andere Möglichkeiten gehabt hätte; der ÖVP-Klubobmann im Parlament, August Wöginger, schließt eine Koalition mit der FPÖ nicht mehr aus; die Europaministerin Karoline Edtstadler ist dafür, dass die Europäische Volkspartei mit den Postfaschisten der Giorgia Meloni eine Allianz im EU-Parlament bildet.
Kurzum, eine Neuauflage von Schwarz-Blau im Bund wird immer wahrscheinlicher. Und wenn die FPÖ bei der Wahl (wann immer sie ist) doch die Nummer eins wird, dann könnte, so das neueste Gerücht, Herbert Kickl den Kanzlerposten einer weniger umstrittenen Person überlassen. Ändern würde das nicht viel.

Wer also keinen Umbau Österreichs in Richtung Orbánistan unter einer Rechts-rechts-außen-Koalition haben will, muss schleunigst an Alternativen arbeiten. Dass dieser Umbau versucht würde, darüber soll sich niemand Illusionen machen. Von Kickl sowieso: Als Innenminister hat er einen Putsch gegen den Verfassungsschutz angestiftet, unter anderem um dort das Rechtsextremismusreferat zu zerschlagen. Was die ÖVP betrifft, so sagte kürzlich Karl Nehammer, es sei ein Fehler gewesen, Gastarbeiter zu holen (!).
Hier bietet sich schon seit geraumer Zeit eine rot-grün-pinke Ampel an. Die hat zwar im Moment in den Umfragen keine Mehrheit, aber daran könnte man ja arbeiten.
Klare Ansage
Wer käme da infrage? Eine der vielen Schwächen von Pamela Rendi-Wagner ist ja, dass sie, soviel man weiß, niemals ernsthaft eine Ampel entriert hat. Auch nicht, als es sich mandatsmäßig ausgegangen wäre. Wahrscheinlich stand sie da unter dem Einfluss ihres Schutzherrn Michael Ludwig, der lieber mit der ÖVP möchte. Davon abgesehen ist es ja die Frage, ob mit ihr die SPÖ genügend Stimmen für eine Ampel zusammenbringt.
Ihr Widersacher Hans Peter Doskozil hingegen hat vor kurzem öffentlich gesagt, dass er eine Ampel anstrebt. Wahrscheinlich kann man schon davon ausgehen, dass er ein besseres Ergebnis bei der Nationalratswahl einfahren würde als Rendi-Wagner. Allerdings sollte man nicht allzu viel darauf hoffen, dass Doskozil wahre Wählermassen von der FPÖ zur SPÖ (zurück)holt. Ein Teil der liberalen SPÖ-Wähler würde dann auch zu den Grünen fliehen (während die Neos versuchen müssten, Gegner von Schwarz-Blau in der ÖVP abzuholen). Aber immerhin – er hat einmal eine klare Ansage in Richtung Ampel gemacht. Rendi-Wagner nicht.
Dafür hat Rendi-Wagner einer Koalition mit der FPÖ in jeder Form (Kickl oder nicht) eine Absage erteilt. Doskozil hingegen nicht so eindeutig. In der berühmten Sitzung am Mittwoch wurde er mehrfach gefragt, wie er es mit der FPÖ halte. Nach Angaben von Sitzungsteilnehmern sagte er nur klar: mit Kickl an der Spitze nicht. Bei der Frage, ob überhaupt mit der FPÖ nicht, druckste er herum.
Wie auch immer: Die Zeit ist kein Verbündeter der SPÖ. Sie ist mit ihrer Selbstfindung bis Ende Mai, Anfang Juni beschäftigt. Inzwischen nähern sich ÖVP und FPÖ einander weiter an. Die Chancen für eine Ampelalternative zu einer solchen Entwicklung werden nicht gerade größer, gleichgültig, ob Rendi-Wagner oder Doskozil obsiegen. Am Ende wird sich hier auch die Zivilgesellschaft etwas einfallen lassen müssen. (Hans Rauscher, 18.3.2023)