Eigentlich wollten wir über neue Bedingungen und moderne Abgaben, Steuern und Regelwerke für eine neue Arbeitswelt diskutieren. Ein Zukunftsentwurf, der Lebensphasen und gegenwärtigen Bedürfnissen entsprechen kann, den sozialen Wohlfahrtsstaat erhalten und die fortschreitende Digitalisierung zum Guten nützen möchte, sollte entstehen. Modelle für Jobleben, die Partnerschaften und gesellschaftliches Engagement ermöglichen, sollten benannt werden. Flugs ist aber aus der ungeschickt formulierten Suche des Arbeitsministers nach mehr Arbeitsstunden und mehr Beiträgen eine Themenverfehlung geworden.

Minister Kocher hat mit der Teilzeitdebatte auch eine über das Stereotyp der guten Frau und Mutter angestoßen. Das muss er geraderücken.
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Wieder geht es nun darum, wie die gute Frau und Mutter beschaffen sein sollte. Dass Frauen im Fokus der Teilzeitdebatte stehen, ist klar – immerhin arbeitet jede Zweite nicht "voll". Die Lager führen wieder die alten ideologisch gefärbten Zurichtungsdiskussionen: Frauen sollten, wenn gar Mutter, in der Rolle der Zuverdienenden bleiben. Weibliche Hauptaufgabe ist sorgen, lieben, die familiäre Infrastruktur am Laufen halten. Es sind doch kalte Karriereweiber mit fragwürdigen Mutterinstinkten, die ihre Kinder für eine 40-Stunden-Woche in Fremdbetreuung outsourcen. Und dann auch noch den Männern die Machtpositionen im Business streitig machen.

86 Prozent der Teilzeitbeschäftigten wollen ihre Stunden nicht aufstocken, tat die Statistik Austria kürzlich kund. Das kann natürlich auch nicht recht sein. Glauben die denn, bloß weil sie Frauen sind, es regnet alles ohne volle Leistung vom Himmel? Wieder ist die Kampfarena eröffnet.

Arbeitsminister Martin Kocher muss die dringend nötige Reformdebatte schnell da herausholen und klarstellen: Es geht nicht um das Frauenbild, sondern um die Arbeitswelt der Zukunft für alle. Nur über Arbeitszeit zu reden reicht dafür längst nicht. (Karin Bauer, 19.3.2023)