Freitagnachmittag hat der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan Finnland nach monatelangem Hinhalten grünes Licht für dessen angestrebten Nato-Beitritt gegeben. Nach einem längeren Gespräch mit dem finnischen Präsidenten Sauli Niinistö in Ankara setzte Erdoğan seine Unterschrift unter einen entsprechenden Antrag an das türkische Parlament, das den Beitritt nun ratifizieren muss.

Per Handschlag zwischen Recep Tayyip Erdoğan (rechts) und Sauli Niinistö besiegelt: Finnland kommt zur Nato.
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Der Rest ist nun Formsache, der Weg für Finnland in die Nato ist damit frei – denn auch Ungarn wird den Beitritt ratifizieren – und zwar am 27. März. In der Türkei wird der Schritt womöglich noch früher vollzogen, weil am 23. März der Fastenmonat Ramadan beginnt.

"Ohne Schweden nicht komplett"

Während einer gemeinsamen Pressekonferenz des türkischen und des finnischen Präsidenten erklärte Niinistö, für Finnland sei das ein guter Tag – er nahm aber auch zu Schwedens Antrag auf einen Beitritt zur Nato Stellung und sagte, ohne Schweden sei der Beitritt Finnlands nicht vollständig. Schweden müsse ebenfalls Nato-Mitglied werden.

Erdoğans außenpolitischer Sprecher İbrahim Kalın sagte, man warte darauf, dass Schweden sein versprochenes neues Antiterrorgesetz im Juni verabschiede. Dann könne sich auch etwas in Bezug auf die Nato-Beitritts-Erwartungen Stockholms bewegen.

Ungarns Premier Viktor Orbán war einen Tag vor Niinistö ebenfalls in der Türkei und hatte sich dort mit Erdoğan getroffen. Dabei ging es ebenfalls um den Beitritt der beiden Länder.

Unmittelbare Reaktion auf Ukrainekrieg

Finnland und Schweden hatten im Frühjahr 2022, wenige Wochen nach dem Beginn der russischen Angriffe auf die Ukraine, einen gemeinsamen Beitrittsprozess zur Nato eingeleitet. Vor allem Finnland fürchtet den Nachbarn im Osten: Man hat eine 1.340 Kilometer lange gemeinsame Landgrenze – und eine jahrzehntelange gemeinsame Geschichte. In Helsinki ist daher die Sorge massiv, dass sich Präsident Wladimir Putin nicht damit zufriedengeben könnte, die Ukraine zu erobern. Wenn er das überhaupt schaffen sollte. Auch Finnland stünde nach einer solchen Logik auf der Liste des Kreml.

28 der 30 Nato-Partner haben die finnisch-schwedischen Beitrittsprotokolle schon 2022 umgehend ratifiziert – nur Ungarn und die Türkei ließen die Regierungen in Helsinki und Stockholm bisher abblitzen. Bei Finnland hat sich die Haltung per Freitagnachmittag geändert.

Schweden unter Druck

Die Türkei – sprich: Erdoğan – argumentiert die Verweigerungshaltung vor allem mit Schwedens angeblich "unzureichendem Kampf gegen Terrororganisationen", vor allem gegen die in der Türkei verbotene Kurdische Arbeiterpartei (PKK).

Dass sich Erdoğan Schweden als eine Art Faustpfand behalten will, damit hatte man auch schon in Stockholm gerechnet. Der schwedische Ministerpräsident Ulf Kristersson bekräftigte erst am Mittwoch bei einem Besuch beim deutschen Bundeskanzler Olaf Scholz, dass sein Land mit der Möglichkeit rechne und darauf vorbereitet sei, wenn in einem ersten Schritt nur Finnland der Nato beitrete. Allerdings wäre ihm nach wie vor ein gemeinsamer Beitritt zur Verteidigungsallianz wesentlich lieber.

Slowakei schickt Jets

Unterdessen hat die slowakische Regierung am Freitag beschlossen, der Ukraine ihre 13 Kampfjets des sowjetischen Typs MiG-29 für den Abwehrkampf gegen Russland zu überlassen. Einen Tag zuvor hatte Polen bereits verkündet, der Ukraine vier Kampfflugzeuge zu überlassen. Der Kreml übte Kritik daran.

Um den Ukrainekrieg wird es wohl auch gehen, wenn Chinas Präsident Xi Jinping von Montag bis Mittwoch in Moskau weilen und Kreml-Chef Wladimir Putin besuchen wird. Zu diesem Zweck soll auch Russlands Verteidigungsminister Sergei Schoigu an den Gesprächen teilnehmen. (Jürgen Gottschlich, Kim Son Hoang, Gianluca Wallisch, 17.3.2023)