Die Unruhe in der US-Bankenwelt hält an. Nach dem Kollaps der Silicon Valley Bank (SVB) und der Signature Bank wankt nun die First Republic Bank, der am Freitag elf US-Großbanken wie Citigroup, Bank of America oder JPMorgan Chase mit rund 28 Milliarden Euro zu Hilfe eilen mussten. Eine kostspielige Geste, mit der die Institute beweisen wollten, dass Amerikas größte Institute Vertrauen hätten in First Republic und "Banken jeder Größe", wie sie in einer Aussendung beteuerten.

Die Schockwellen des Erdbebens jenseits des Großen Teichs haben längst auch Europa erreicht, wo die Schweizer Credit Suisse in großen Troubles steckt und sich eine mit 51 Milliarden Euro gefüllte Geldspritze von der Schweizerischen Nationalbank (SNB) abholen musste.

Sorge vor Finanzkrise wie 2008

Die Frage, die nun alle umtreibt: Droht eine Finanzkrise wie 2008? Die Bankenaufseher der EZB gehen nicht davon aus: Nach einer Sondersitzung der EZB beteuerten sie, dass die Finanzmärkte stabil seien und die Einlagen der Kunden in den europäischen Banken nicht gefährdet seien.*

Auch der Gouverneur der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB), Robert Holzmann, beruhigt: Die Insolvenz der SVB habe "keinerlei Auswirkungen auf den österreichischen Bankensektor", erklärt er auf Anfrage. Das Gleiche treffe auch auf die jüngsten Turbulenzen rund um die Credit Suisse zu. Insbesondere deren Beispiel "zeigt jedoch die hohe Bedeutung einer risikoadäquaten Regulierung; so unterliegen alle Euro-Banken Basel-3-konformen strengen Regulierungsvorschriften, vor allem auch im Liquiditätsbereich". Basel 3 schreibt bestimmte Mindestkernkapitalquoten vor.

Es sind mittelgroße Banken wie die Signature Bank oder die First Republic Bank, denen die Großbanken zu Hilfe eilen.

Tatsächlich haben die USA unter Donald Trump die strengen Regulierungen aus der Zeit nach der Finanzkrise wieder aufgeweicht. Die Schwelle für jene Banken, die direkt der Aufsicht der US-Notenbank Fed unterstehen, wurde angehoben; die Institute, die herausfielen, werden regional und weniger streng beaufsichtigt. Anders in der EU: Sie behielt ihr strenges Aufsichtsregime bei; die Euro-Banken verfügen über hohe Kapital- und Liquiditätspuffer.

Allerdings wirken sich die Zinserhöhungen der EZB, die die Inflation eindämmen sollen, auf die Kurse der Anleihen aus, die die Banken halten; die sinken nämlich bei steigenden Zinsen. Die Befürchtung, dass die Institute nun unter Abwertungsdruck und so erst recht in Probleme geraten, entkräften viele Experten. Die EZB habe in diesem Interessenkonflikt immer zugunsten der Stabilität der Banken entschieden, erklärt ein Fachmann. Vor allem die Länder des "Sunshine Belt", also Länder wie Italien, Spanien und Griechenland, haben jede Menge Staatsanleihen in den Büchern, sind von den Folgen des Zinsanstiegs also besonders betroffen. Allerdings haben sie bei den Entscheidungen im EZB-Rat die Mehrheit – was nahelegt, dass sie keine gravierenden nachteiligen Auswirkungen auf ihre Lage befürchten.

Zinsanhebung sorgt für Probleme

Auswirkungen auf Europa befürchtet auch der Bankenexperte des Wifo, Thomas Url, nicht, da keine bedeutenden Kreditlinien von Europa in die USA zu den betroffenen Banken bestünden. Silicon Valley und Signature Bank hätten zudem ein Fristenproblem: Sie hatten – auch von großen Geschäftskunden – kurzfristige Einlagen bekommen, also Geld, das etwa täglich wieder abgeholt werden kann. Das haben die Banker aber in langfristige, etwa zehn Jahre laufende Staatsanleihen investiert. Deren Kurse fielen, als die Fed die Zinsen anhob, die Bank musste sie aber trotzdem und mit Verlust verkaufen, weil die Kunden ihr Geld zurückwollten. Anfang März ging sich das nicht mehr aus.

In Europa ist dieses Geschäftsmodell seit der Finanzkrise nicht mehr verbreitet, die EZB hat darauf geachtet, dass die Institute sich längerfristig finanzieren. Auch deswegen sei die Situation in Europa nicht dramatisch oder mit jener in den USA vergleichbar, so Url. Dort könnte es aber zu weiteren prekären Situationen kommen: Laut einer US-Studie gibt es 150 bis 200 mittelgroße US-Geldhäuser, die auf ähnliche Geschäftsmodelle wie die Silicon Valley Bank gesetzt haben.

Die Probleme der Schweizer Credit Suisse haben nicht nur Europas Finanzmärkte erschüttert.
Foto: Reuters/Denis Balibouse

Das ist wohl ein Grund für die Löschaktion in den USA. Ob Bail-out der gestrauchelten Banken oder doch "keine Rettungsaktion", wie US-Finanzministerin Janet Yellen es verstanden haben will, ist eher eine akademische Frage. Die US-Regierung schritt jedenfalls ein und kündigte eine Absicherung der Einlagen an: eine implizite Garantie für alle Institute. Einen klassischen Bankrun galt es zu verhindern.

Notenbanker unter Druck

Interessant wird die Fed-Sitzung am Donnerstag. Die meisten Analysten gehen von einer Zinserhöhung um 25 Basispunkte aus. Börsenexpertin Monika Rosen (Vizepräsidentin der Österreichisch-Amerikanischen Gesellschaft) verweist auf den Druck, unter dem die Notenbanker stünden. Sollten die Zinsschritte weniger entschlossen ausfallen als im Kampf gegen die Inflation angemessen, würden die Währungshüter signalisieren, dass die Bankenprobleme das größere Problem sind.

2022 haben alle US-Großbanken die Stresstests bestanden. Aber am Montag senkte die Ratingagentur Moody’s ihre Einschätzung für das US-Bankensystem von stabil auf negativ. Rosen geht davon aus, dass auch an den Regularien in den USA geschraubt werden wird, was die Wirtschaft wie die Zinserhöhungen weiter abbremsen könnte, ist doch auch mit einer Verschärfung der Kreditrichtlinien zu rechnen. (Renate Graber, Regina Bruckner, 18.3.2023)