Noch ist Strabag-Großaktionär Hans Peter Haselsteiner Gesellschafter der 2019 gegründeten Frachtbahn. Der Ausstieg ist nur mehr eine Frage der Zeit.

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Wien – Bei der Westbahn-Schwester Frachtbahn bahnen sich weitere Änderungen in der Eigentümerstruktur an. Frachtbahn-Gründer Hans Peter Haselsteiner, dessen Familienstiftung auch die Westbahn kontrolliert, ist auf dem Rückzug. Dieser könnte noch heuer zum Totalausstieg führen, erfuhr DER STANDARD von ausgewiesenen Branchenkennern.

Der Schritt kommt nicht ganz überraschend, denn bereits im Vorjahr gab es in der im Oktober 2019 gegründeten Frachtbahn Traktion GmbH eine kräftige Verschiebung der Anteilsverhältnisse. Das Management rund um Gründungsmitglied Reinhard Bamberger stockte im April 2022 seine Anteile von 15 auf 74 Prozent kräftig auf, übernahm also die Mehrheit und damit das Sagen. Hans Peter Haselsteiner und Erhard Grossnigg blieben nach dem Management-Buy-out mit 26 Prozent an Bord, wie damals via Aussendung verkündet wurde.

Mehr Ausland, weniger Inland

Da die Haselsteiner-Familien-Privatstiftung ihren Anteil laut Firmenbuch auf 12,6 Prozent reduzierte und Grossniggs schweizerische Augusta-Holding auf 8,4 Prozent, sind die 26 Prozent erst unter Zurechnung des Fünf-Prozent-Pakets von Marco Ramsbacher komplett; Ramsbacher gehört auch dem Aufsichtsrat der Westbahn-Mutter Rail Holding an.

Mit der angekündigten "Stärkung der Auslandsaktivitäten mit einem neuen Partner in Deutschland" dürften nachhaltige Anteilsverschiebungen einhergehen. Denn man sucht nicht nur Kooperationspartner im Ausland – den Anfang machte man auf der Achse "Ruhrgebiet–Türkei" im Wege des Joint Ventures mit der bulgarischen Pimk Rail –, sondern Investoren, die sich an der Frachtbahn maßgeblich beteiligen. 2023 werde es eine weitere Veränderung geben, bestätigt Frachtbahn-Hauptgesellschafter Reinhard Bamberger im Gespräch mit dem STANDARD.

Traktionskapazitäten

Konkreter wollte der einst bei der ÖBB-Güterbahn RCA beschäftigte Bamberger nicht werden, dafür sei es zu früh. Nur so viel: Man sei im Gespräch mit Investoren, die sich Traktionskapazitäten auf Korridoren quer durch Europa sichern wollen. Das sei im Interesse der Industrie, die verlässliche Frachtkapazitäten suche. Damit einhergehen werde eine Stärkung der Eigentümerstruktur der Frachtbahn.

Wohin die Reise geht, wurde bereits anlässlich des Teilrückzugs von Haselsteiner und Grossnigg angedeutet: Die Änderung biete dem Management die Möglichkeit, den Gesellschafterkreis über Österreich hinaus auszudehnen. Mit finanzstarken Eigentümern will man offenbar zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen: Strategische Partner mit internationaler Ausrichtung steigen ein und die Altgesellschafter geben ihre Anteile im Gegenzug ganz ab oder reduzieren ihren Einfluss. Diese Gespräche sind dem Vernehmen nach weit gediehen.

Eine Frage der Zeit

Haselsteiner sagt zu alldem nicht viel, bestätigt aber indirekt, dass sein Ausstieg nur eine Frage der Zeit sei. Für ihn sei das Kapitel seit der Mehrheitsübernahme der Frachtbahn durch das Management abgeschlossen.

Beim Einstieg ins Bahnfrachtgeschäft im Jahr 2019 waren Hans-Peter Haselsteiner (Mitte), Reinhard Bamberger (links) und Jan Klima noch euphorisch. Nun ist nicht nur Haselsteiners Ausstieg programmiert.
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Innerhalb des Frachtbahn-Mehrheitsgesellschafters Longinvest Holding dürfte freilich auch nicht alles so harmonisch laufen wie dargestellt. .Longinvest wird zu 51 Prozent von Bamberger (über dessen Beteiligungsgesellschaft "Absolute Rail") kontrolliert. 19 Prozent hält die Klima-Holding von Jan Klima und je fünf Prozent halten Frachtbahn-Geschäftsführer Volker Kohl und sein Prokurist. Die restlichen 20 Prozent hält Ulrich Puz, der sich 2022 aus dem operativen Geschäft der Frachtbahn zurückgezogen hat. Puz ist seit wenigen Wochen Dozent für Bahnbautechnik an der Fachhochschule St. Pölten.

Delikate Doppelrolle

Der Harmonie innerhalb der Frachtbahn-Eigentümer eher nicht zuträglich war laut Insidern eine delikate Doppelrolle: Bambergers in Bratislava domizilierte "Absolute Rail" kontrolliert nicht nur die Frachtbahn-Gesellschaftergesellschaft Longinvest, sondern ihr gehört auch die Speditionsgesellschaft Danuplus mit Sitz in Wien–Meidling. Danuplus wiederum ist Speditionspartner – erraten – der Frachtbahn. (Luise Ungerboeck, 18.3.2023)