Der "Müllhai" bei einem Testlauf im firmeneigenen Pool.

Foto: Ran Marine Technology

Wer am vergangenen Samstag im Londoner Grätzel Canary Wharf unterwegs war, dem ist möglicherweise ein kurios anmutendes Gerät im Gewässer aufgefallen. Denn das niederländische Unternehmen Ran Marine Technology, spezialisiert auf schwimmende Drohnen, hat dort seine jüngste Erfindung auf Probefahrt geschickt: den "Wasteshark".

Der grob von Walhai inspirierte "Müllhai" fällt dabei auch mit seinem Branding auf. "Aqua Libra" steht auf seiner Außenhülle und verweist damit auch gleichwohl auf einen Mitgrund seiner Entstehung. Denn dabei handelt es sich um eine Getränkemarke des britischen Britvic-Konzerns. Und wenn der Roboter seine Ladeklappe öffnet, um Treibgut einzufangen, dürfte auch die eine oder andere Flasche desselben in seinem "Bauch" landen. Zum Sortiment zählt etwa der Softdrink "7Up". Aqua Libra selbst freilich bietet nur flaschenfreie Produkte an, etwa smarte Wasserhähne, die dem H2O bei Bedarf Geschmack zusetzen können.

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Drohne mit 180-Liter-Bauch

Doch zurück nach Canary Wharf. Die in den letzten Jahren zu einem Geschäfts- und Freizeitareal umgebaute Gegend wird von vielen Menschen frequentiert. Und wo viele Menschen unterwegs sind, findet sich bedauerlicherweise auch oft viel Müll. Nicht nur leere Plastikflaschen, auch Kaffeebecher und andere Dinge, die eigentlich in für sie vorgesehene Müllbehälter gehören, landen aus Ungeschick oder Gedankenlosigkeit im Wasser, von sie sich ihren Weg in die Themse und letztlich ins Meer bahnen können.

Der Ran Marine-Roboter verfügt über zwei Antriebe und einen 180-Liter-Behälter, in dem der "verschluckte" Müll landet. Sein Akku ermöglicht ihm eine Betriebsdauer zwischen 6 und 10 Stunden bzw. eine Fahrtdistanz von bis zu fünf Kilometern. Er kann manuell gelenkt werden, aber auch autonom fahren. Sobald sein "Bauch" voll ist, liefert er den Inhalt ab, damit er ordnungsgemäß entsorgt oder recyclet werden kann.

Täglich soll er so bis zu 500 Kilogramm an Müll aufsammeln, der an der Oberfläche treibt. Die eher optimistische Rechnung von Britvic beziffert das als Äquivalent von 22.700 leeren Kunststoffflaschen. Das ist zwar mathematisch richtig – eine Leichtgewicht-PET-Flasche mit 0,5 Liter Füllvolumen liegt bei 22 Gramm -, aber nicht realistisch. Denn in vielen Flaschen befindet sich noch Luft, dementsprechend verbrauchen sie ein im Verhältnis zu ihrem Gewicht recht großes Platzvolumen, was den Auffangbehälter schneller voll werden lässt und durch mehr Entsorgungsfahrten die Bilanz trübt.

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Kooperationspartner gesucht

Doch selbst wenn man pedantisch ist, ist natürlich jeder aus dem Wasser gefischte Abfall ein Gewinn für Pflanzen- und Tierwelt sowie auf Umwegen (Mikroplastik!) für den Menschen. Ran Marine hofft nach dem "Proof-of-Concept" in London nun auf Partnerfirmen, die den Bau und Einsatz weiterer Müllhaie sponsern.

Das Projekt könnte auch für Behörden und Wissenschaftler interessant sein, denn laut Hersteller lässt sich die schwimmende Reinigungsdrohne auch mit Sensoren bestücken, um Temperatur, Tiefe und Qualität des Wassers zu messen. Optional lässt sich auch eine Dockingstation nutzen, die den Roboter automatisch entleert und lädt. Damit soll sogar ein tägliches Abfallaufkommen von bis zu einer Tonne aus dem Wasser geholt werden können. (gpi, 20.3.23)