Die Aktienmärkte reagieren am Montagvormittag sehr verunsichert auf die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS.

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Die Reaktionen auf die größte Übernahme in der Bankengeschichte seit der Finanzkrise sind nach dem Deal zwischen Credit Suisse und UBS gemischt ausgefallen. Die Chefin der Europäischen Zentralbank (EZB), Christine Lagarde, begrüßte die Rettung der zweitgrößten Schweizer Bank. Auch das geldpolitische Instrumentarium der EZB sei voll ausgestattet, um das Finanzsystem des Euroraums bei Bedarf mit Liquidität zu versorgen. Dieses sei aber widerstandsfähig und gut mit Kapital und Liquidität ausgestattet. Der Chef der US-Notenbank Fed, Jerome Powell, sprach von einem Schritt zur Stützung der Finanzmarktstabilität.

VIDEO: Rettung in der Not: Großbank UBS übernimmt angeschlagene Credit Suisse.
DER STANDARD

Die Schweizer Finanzministerin Karin Keller-Sutter (FDP) hatte die Transaktion, für die die Schweizer Notenbank umgerechnet 101 Milliarden Euro in die Hand zu nehmen bereit ist, damit erklärt, dass man durch sie "gravierende volkswirtschaftliche Verwerfungen" abwehre. Sie bedauerte aber sinngemäß, dass die Credit Suisse nicht in der Lage gewesen sei, die Lage selbst in den Griff zu bekommen.

Politische Debatte startet

Der Schweizer Bundespräsident Alain Berset hatte in einer Pressekonferenz am Sonntag darauf hingewiesen, dass die Credit Suisse zwar über eine gute Liquidität verfüge, der Markt dem Institut das Vertrauen aber entzogen habe und deswegen eine rasche Lösung gefunden werden musste.

In der Schweizer Politik geht nun die politische Debatte los – vor der Rettung hatten sich die Ereignisse ja überschlagen. Die ersten Kommentare fielen zum Teil sehr kritisch aus. Aus der Schweizerischen Sozialdemokratie hieß es, es sei ein "großer Skandal, dass es so weit gekommen ist", und in der Volkspartei war von einem "schwarzen Tag" die Rede. Die Tageszeitung "NZZ" schrieb: "Ein Zombie ist weg, doch ein Monster entsteht."

Schweizer Aktienindex verliert

Die Börsen reagierten uneinheitlich. In der Schweiz stürzte der Aktienkurs der Credit Suisse Montagfrüh um bis zu 62 Prozent ab, jener der UBS um über elf Prozent. Bis zum Nachmittag legte die UBS aber deutlich zu und kam ins Plus.

Der Index der Schweizer Börse (SIM) gab in der Früh um 1,2 Prozent nach. In Österreich rutschte der ATX am Vormittag mit 2,74 Prozent ins Minus; die Kurse der Papiere der Erste Group verloren 4,16 Prozent, die der RBI 4,8 Prozent und jene der Bawag 5,48 Prozent. Der europäische Börsenindex Euro Stoxx 50 gab um 1,03 Prozent nach. Im weiteren Verlauf des Vormittags erholten sich die Aktienkurse und Indizes aber deutlich und drehten am Nachmittag ins Plus.

In Asien hatten die Anleger entspannter auf die Ereignisse in Europa reagiert, die in der Vorwoche zu massiven Turbulenzen auf den Märkten geführt hatten. Die Zentralbanken, darunter die US-Notenbank Fed, die EZB und die Bank of Japan, hatten zuvor angekündigt, die Marktliquidität zu unterstützen, indem sie die Häufigkeit der siebentägigen US-Dollar-Swapgeschäfte von wöchentlich auf täglich erhöhten.

In Japan bewirkten die Sorgen über eine Rezession im Land und eine weltweite Krise im Bankensektor, dass die Nachfrage nach Risikopapieren nachgab. Der 225 Werte umfassende Börsenindex Nikkei hat im Verlauf 0,8 Prozent verloren. Die Anleger an den übrigen asiatischen Börsen beruhigten sich dagegen, in Schanghai etwa legte die Börse um 0,1 Prozent zu.

Skepsis der Anleger bleibt

Die Volatilität an den Märkten hat durch die Schritte zwar vorerst nachgelassen, aber die Anleger sind nach einer Woche, in der die systemrelevante Credit Suisse durch die Turbulenzen auf dem Anleihenmarkt infolge des Zusammenbruchs der Silicon Valley Bank in die Knie gezwungen wurde, weiterhin besorgt über das, was als Nächstes passieren könnte.

"Der Markt sieht es positiv, dass ein Bereich der Besorgnis beseitigt wurde", sagte Jason Wong von BNZ in Wellington. "Aber das löst nicht die spezifischen Probleme des US-Bankenwesens, wo die Einlagen in sicherere Banken abfließen." Um das Vertrauen in den Bankensektor zurückzugewinnen, müsse wahrscheinlich noch mehr getan werden, "sonst stehen wir in einer Woche immer noch vor denselben Problemen".

Der Schweizer sozialdemokratische Parlamentsabgeordnete Roger Nordmann befürchtet durch die Verschmelzung von UBS und Credit Suisse hohe Risiken für die Eidgenossenschaft: "Die neue UBS ist einfach zu groß für die Schweiz."

"Systematisches Risiko eingedämmt"

In der Finanzbranche gibt es durchaus unterschiedliche Einschätzungen. Der Chefvolkswirt von Berenberg, Holger Schmieding, meinte zu Reuters, die Schweizer Behörden hätten "ein Problem erkannt und kümmern sich darum. Das ist ein sehr positives Zeichen für die Märkte. Das bedeutet zwar nicht, dass alles vorbei ist, aber es gibt keinen Grund zur Panik. Die Erleichterung für die Märkte besteht darin, dass das systemische Risiko eingedämmt ist."

Auch Investmentexperte Brian Jacobsen von Allspring Global Investments sieht in der Rettungsaktion Potenzial für die Finanzmarktstabilität: "Vorausgesetzt, die Märkte schnüffeln keine anderen anhaltenden Probleme aus", sagte er, sollte die Transaktion "ziemlich positiv sein. Die Regierungen sind bestrebt, den Funken der Ansteckung zu löschen, bevor die Flammen außer Kontrolle geraten."

Österreichs Banken nicht direkt betroffen

Die größten Banken aus Österreich sind nicht direkt von den Problemen bei der Schweizer Credit Suisse (CS) betroffen, teilten sie gegenüber der APA mit. Erste Group, Raiffeisen International (RBI) und Bawag gaben an, keine "eigenkapitalähnlichen" AT1-Anleihen zu halten, deren Inhaber nun leer ausgehen sollen. Auch im Finanzministerium gibt man sich gelassen. Man erwarte "keine wesentlichen unmittelbaren Auswirkungen" auf den Bankensektor in Österreich, heißt es in einem Statement. (Reuters, APA, gra, miwi, 20.3.2023)