Montenegros früherer Wirtschaftsminister Jakov Milatović, der für die Partei "Europa Jetzt" kandidiert, hat gute Chancen, den amtierenden Staatschef und früheren Regierungschef Milo Djukanović bei der Stichwahl um die Präsidentschaft am 2. April zu besiegen. Am Sonntag, beim ersten Wahldurchgang, bekam Djukanović 35,2 Prozent und Milatovic 29,2 Prozent. An dritter Stelle lag der proserbische und prorussische Kandidat der Demokratischen Front, Andrija Mandić, mit 19,3 Prozent.

Jakov Milatović machte sich schon nach dem ersten Wahlgang am Sieges-Champagner zu schaffen.
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Milatović könnte der erste Präsident des unabhängigen Staates Montenegro sein, der nicht aus den Reihen der DPS von Djukanović stammt. Denn Djukanović selbst wird es schwer haben, neue Wählerkreise zu mobilisieren. Er war seit mehr als 30 Jahren fast ununterbrochen in einer wichtiger Position an der Macht – entweder als Regierungschef oder als Präsident.

Abwärtstrend für die DPS

Bei den jüngsten Parlaments- und Lokalwahlen verlor die DPS allerdings Stimmen. Die Mehrzahl der Wähler, die am vergangenen Sonntag nicht für Djukanović gestimmt haben, sind zudem grundsätzlich dagegen, dass er weiterhin an der Macht bleibt. Am Sonntagabend erklärten außerdem die Chefs von drei Parteien, dass sie nun Milatović unterstützen werden.

Auch der scheidende Premier Dritan Abazović und Aleksa Bečić, der Vorsitzende der Partei "Demokratisches Montenegro", die nach den Parlamentswahlen 2020 an der Regierung beteiligt waren, meinten, dass der Prozess zur Entmachtung der DPS fortgesetzt werden müsse.

Djukanović erhielt rund 19 Prozentpunkte weniger Stimmen als bei den letzten Präsidentschaftswahlen im Jahr 2018. An den Wahlen nahmen etwa 64 Prozent der 542.000 registrierten Wählerinnen und Wähler des Landes teil. Die vergangenen drei Jahre waren in Montenegro von einem Machtkampf zwischen der DPS und den anderen Parteien geprägt, auch die Institutionen wurden blockiert.

Geopolitische Ausrichtung

Jenseits von innenpolitischen Entscheidungen geht es um die geopolitische Ausrichtung des kleinen Staates. Djukanović, der Montenegro auch in die Nato führte, gilt als westlich orientiert, allerdings bestehen seit Jahrzehnten Korruptionsvorwürfe gegen ihn und seine Partei. Zu den anderen Parteien gehört ein starker proserbischer und gleichzeitig prorussischer Block. Durch diese Parteien wächst auch der Einfluss der Nachbarstaaten Serbien und Albanien, deren Regierungen hegemoniale Bestrebungen haben und hinter dem Projekt "Open Balkan" stehen.

Die nächsten Parlamentswahlen sollen nach dem Wunsch von Djukanović am 11. Juni stattfinden. Einige Parteien haben jedoch beim Verfassungsgericht dagegen Berufung eingelegt. (Adelheid Wölfl, 20.3.2023)