Der Weltklimarat (IPCC) veröffentlicht am Montag seine große Metastudie zum Konsens in der Klimawissenschaft. Es ist der bei weitem wichtigste Bericht, der zumindest bis 2030 als Grundlage für die Klimapolitik dienen wird.

DER STANDARD

Dazu fassten 93 Wissenschafterinnen und Wissenschafter aus aller Welt die einzelnen IPCC-Teilberichte zusammen, die über die vergangenen drei Jahre von hunderten weiteren Forschenden erarbeitet wurden. Der nun vorgelegte sogenannte Synthesebericht bringt weniger neue Ergebnisse per se, sondern fasst den Stand der Wissenschaft zusammen. Zum Beispiel: Die fast ungebremste Verbrennung von Erdöl, Gas und Kohle hat katastrophale Auswirkungen für Gesellschaften und Natur. Es gibt Lösungen – aber die Zeit für ihre Umsetzung drängt, jeder weitere Aufschub würde das Weltklima massiv aus dem Gleichgewicht bringen. Darin ist sich die Forschung vollkommen einig.

Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) sorgte mit seiner Kanzlerrede "Zur Zukunft der Nation" für Empörung bei den Klimaaktivistinnen und -aktivisten.
Foto: Heribert Corn

Diese Botschaft sollte eigentlich nicht überraschen. Wenn aber selbst Bundeskanzler Karl Nehammer in seiner Rede an die Nation sagt, für die "Untergangsapokalypse" gebe es "keinen wissenschaftlichen Beweis", und als Quelle ein Buch des konservativen US-Klimapublizisten Michael Shellenberger dient, wird klar, wie wichtig die Arbeit des IPCC ist. Das Gremium der renommierten Forschenden sortiert wissenschaftliche Erkenntnisse, ordnet ein und liefert damit die wichtigste Quelle für sämtliche klimapolitischen Entscheidungen.

Bundeskanzler Nehammer reagierte auf die massive Kritik an seinen Aussagen mit Beschwichtigung. "Der Klimawandel ist eine Bedrohung, keine Erfindung", antwortete er. Und: Österreich solle Technologieführer für eine CO2-neutrale Welt werden. Das klingt zumindest ähnlich wie die Hauptaussage jener US-Denkschule des Ökomodernismus, zu der Shellenberger gehört. Sie setzt auf technologische Lösungen – und lehnt die politische Regulierung ab.

Die Einordnung des Weltklimarats zu diesem Ansatz ist klar: "Innovation und selbst schneller technologischer Wandel werden nicht genug sein, um die Paris-Ziele zu erreichen. Es sind weitere Veränderungen in den Bereichen Produktion und Konsum notwendig, wie auch Verhaltensänderungen."

Es ist ein neues Muster in der Verzögerung von klimapolitischen Maßnahmen: Die Erderhitzung wird nicht geleugnet, sondern verharmlost – nicht nur von Denkschulen wie jener der Ökomodernisten, sondern auch etwa von rechten Denkern wie Jordan Peterson, von TV-Sendern wie Fox News oder, in Österreich, AUF 1. Gerade in einer Welt, in der unzählige Kampagnen zur Verharmlosung des Klimawandels gefahren werden, ist es entscheidend, dass sich die Politik auf fundierte Quellen bezieht. Genau das macht die Arbeit aus, die der IPCC liefert. (Alicia Prager, 20.3.2023)