Eigentlich hätte Joseph Ratzinger, der als Papst den Namen Benedikt XVI. trug, fünf "materielle Erben". Doch diese zögern damit, das ihnen zustehende Erbe anzutreten – weniger wegen eventuell anfallender Erbschaftssteuern, sondern dem Vernehmen nach vielmehr, um in Zukunft nicht mit Schadenersatzforderungen konfrontiert zu werden.

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Wie die italienische Tageszeitung "Corriere della Sera" am Montag berichtete, befürchten die erbberechtigten Angehörigen Ratzingers, in eine anstehende Justizcausa hineingezogen zu werden. Ratzinger wurde noch zu Lebzeiten (er starb am 31. Dezember 2022 im Alter von 95 Jahren) vorgeworfen, nicht gegen zumindest einen pädophilen Priester eingeschritten zu sein, als er von 1977 bis 1982 noch Erzbischof von München war.

Dem Zeitungsbericht zufolge geht es bei dem Erbe nicht um Tantiemen aus Benedikts bzw. Ratzingers Buchpublikationen, sondern um eine bestimmte Summe auf einem Bankkonto. Bei den Angehörigen soll es sich um fünf Cousins aus Ratzingers – vor allem mütterlicherseits – sehr großer Verwandtschaft handeln. Diese erstreckt sich von Südtirol bis nach Australien. Das Problem für die eventuellen Erben besteht darin, dass sie auch allfällige juristische Klagen "erben" würden.

Gänswein wartet auf neue Aufgabe

Testamentsvollstrecker für den Verstorbenen ist Georg Gänswein. Er war unter anderem Privatsekretär Ratzingers, der knapp zehn Jahre vor seinem Tod als Papst zurückgetreten war – ein in vielen Jahrhunderten Kirchengeschichte einmaliger Vorgang. Der deutsche Geistliche ist seitdem ohne besondere kirchliche Funktion und wartet nach eigenen Angaben noch immer auf eine diesbezügliche Entscheidung des amtierenden Papstes Franziskus. Auf die Anfang Februar aufgetauchten Gerüchte über seinen möglichen bevorstehenden Ausschluss aus dem Vatikan antwortete der Erzbischof: "Das sind Fake News."

Gänswein hatte in seinen im Jänner veröffentlichten Memoiren mit dem Titel "Nichts als die Wahrheit" bisher unbekannte Details über das nicht immer konfliktfreie Miteinander von Papst Franziskus und Ex-Papst Benedikt enthüllt. Zudem kritisierte er den Beschluss von Franziskus, ihn als Leiter der Präfektur des Päpstlichen Hauses abzulösen. (Gianluca Wallisch, APA, 20.3.2023)