Schafft die Regierung noch die Einigung auf das Paket rund um Mietpreisbremse und Grunderwerbsteuer? Am Donnerstag werden wir es wissen.

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Am Montag kam die ÖVP plötzlich wieder mit einem ganz neuen Vorschlag daher: Ein Wohnkostenzuschuss für Mieterinnen und Mieter solle über die Bundesländer ausgeschüttet werden, der Bund solle dafür zusätzliche 200 Millionen Euro zur Verfügung stellen. "Das ist zielgerichtet und sozial treffsicher, und das Geld wird nicht nach dem Gießkannenprinzip verteilt", sagte einer der Verhandler auf ÖVP-Seite, Andreas Ottenschläger, im Brotberuf übrigens Immobilienentwickler.

"Bremse ist sinnvoller"

Grünen-Klubobfrau Sigrid Maurer sagte dazu, man wolle den neuen Vorschlag "umgehend prüfen". Aber: "Aus unserer Sicht ist die Mietpreisbremse nach wie vor die sinnvollere Lösung. Sie entlastet jeden Monat und dämpft die Inflation."

Doch die Zeit dränge, sagte Maurer – und sie, also die Zeit, tut das eigentlich schon seit Wochen. Doch diesen Donnerstag ist sozusagen Ultimo: Wird da nicht im Finanzausschuss eine Lösung eingebracht, ist Sense mit der Mietpreisbremse.

Wochenlanges Hin und Her

Blenden wir zurück: Am 5. Februar war ÖVP-Konsumentenschutzsprecher Peter Weidinger in der ORF-Sendung "Im Zentrum" und ließ erstmals durchblicken, dass die Regierung an einer Lösung in Sachen Mieten arbeite. Die Rede war damals davon, bei den Indexierungen einzugreifen.

Es folgte ein bis heute andauerndes Hin und Her aus Grünen- und ÖVP-Vorschlägen: Die Grünen wollten die im April bevorstehende 8,6-prozentige Erhöhung auf drei Jahre aufteilen, konkret auf zweimal 3,8 Prozent (2023 und 2024), und das restliche Prozent ins Jahr 2025 "mitnehmen". Und sie waren zu Zugeständnissen bereit: Sanierungswillige Zinshausbesitzer sollten mit einem Bonus unterstützt werden.

Mit einer solchen Lösung wollte man eigentlich am 23. Februar in die Sitzung des parlamentarischen Bautenausschusses gehen. Dort hätte das Paket ohne weitere Ausschusssitzung auf den Weg gebracht werden können.

Plötzlich kam die GrESt ins Spiel

Doch es kam anders: Die ÖVP, die damals für eine Aufteilung der 8,6 Prozent auf nur zwei Jahre war (je 4,3 Prozent 2023 und 2024), forderte plötzlich auch eine Erleichterung bei der Grunderwerbsteuer (GrESt) für Menschen, die sich das erste Eigenheim kaufen. Das fast schon fertig geschnürte Paket flog in die Luft.

Es ging weiter mit einem Schlagabtausch an gegenseitigen Vorschlägen bzw. Forderungen: Weil den Grünen ein genereller Nachlass bei der Grunderwerbsteuer für alle Arten (und Preisklassen) von Häusern nicht zweckmäßig erschien, lenkte die ÖVP hier vor wenigen Tagen in Person des Finanzministers Magnus Brunner ein: Statt einer generellen Steuerbefreiung bis 500.000 Euro könne er sich auch vorstellen, hier eine Obergrenze beim Preis einzuziehen – eine Million Euro war im Gespräch. Wer also eine teurere Immobilie erwerben wolle, sollte die gesamte Grunderwerbsteuer auch für die ersten 500.000 Euro bezahlen.

Die Grünen antworteten darauf mit einem Gegenvorschlag für eine höhere Grunderwerbsteuer von fünf Prozent ab einem Kaufpreis von einer Million Euro. Das sei ein "gerechtes Modell", sagte die Grünen-Verhandlerin Nina Tomaselli: "Keine Grunderwerbsteuer für das erste Eigenheim bis 500.000 Euro, im Gegenzug wird die Grunderwerbsteuer für Luxusimmobilien auf fünf Prozent erhöht."

Geht sich das noch aus?

Und nun also der neue Vorschlag der ÖVP über den Wohnkostenzuschuss. Die Parteien sind weit voneinander entfernt. Kann sich das bis Donnerstag noch ausgehen?

Es sieht nicht danach aus. In einem am Dienstag erschienenen Interview der "Oberösterreichischen Nachrichten" sagt Finanzminister Brunner, dass die Erhöhung der Richtwertmieten "primär ein regionales Problem" sei, nämlich eines, das "großteils Wohnungen in der Wiener Innenstadt und innerhalb des Gürtels" betreffe. Auf dem Land und in den Bundesländern sei das "kaum ein Thema". Bei der Grunderwerbsteuer betonte er: "Zu einer Vermögenssteuer über die Hintertür sind wir nicht bereit."

"Sehr intensive Gespräche"

Man verhandle noch, doch der Minister hält in dem Interview schon eher resignierend fest: "Leider war es mit den Grünen nicht möglich, das Thema Wohnen breiter zu fassen." Mieter zu entlasten sei "gerechtfertigt". Der ÖVP sei aber auch das Thema Eigentum wichtig, "darum wollten wir die Grunderwerbsteuer für das erste Eigenheim bis zu einer gewissen Grenze reduzieren oder auf null stellen".

Wirtschafts- und Arbeitsminister Martin Kocher (ÖVP) kann sich eine Einigung durchaus noch vorstellen. "Ich bin optimistisch, dass es einen Kompromiss gibt", sagte Kocher am Dienstag im Klub der Wirtschaftspublizisten in Wien. Es gebe "sehr intensive Gespräche auf parlamentarischer Ebene". In die Detailverhandlungen sei er aber nicht eingebunden.

Seniorenbund fordert Lösung

Doch der ÖVP wird weiterhin von vielen Seiten ins Gewissen geredet. Am Montag appellierte Seniorenbund-Präsidentin Ingrid Korosec an die eigene Partei: Wohnen stelle neben den gestiegenen Energie- und Lebensmittelkosten eine große Belastung besonders für ältere Menschen dar. "Für Mieterinnen und Mieter in Richtwertmietwohnungen wird es zunehmend brenzlig."

Sie erhalte "viele Hilferufe von Seniorinnen und Senioren, die bereits jetzt teilweise aufs Heizen verzichten mussten, um finanziell über die Runden zu kommen", schrieb Korosec in einer Aussendung. "Wenn auch noch die Richtwertmieten um 8,6 Prozent erhöht werden, wird das Zuhause zunehmend zur Kostenfalle."

Mietervereinigung: "Nicht nur Luxuswohnungen"

Die Aussagen von Finanzminister Brunner wollte auch die SP-nahe Mietervereinigung Österreichs (MVÖ) nicht widerspruchslos hinnehmen. Fakt sei, dass 376.000 Haushalte in Österreich von der drohenden Erhöhung der Richtwertmieten von 8,6 Prozent mit April betroffen seien, davon etwa 273.000 in Wien. "Dazu zählen aber nicht nur 'Luxuswohnungen' in der Innenstadt, sondern auch Altbauten im gesamten Stadtgebiet", schreibt MVÖ-Wien-Vorsitzende Elke Hanel-Torsch in einer Aussendung und nannte Brunners Statement "mehr als zynisch". "Auch mittlere Einkommensschichten kommen durch die Mietzinserhöhung an ihre Belastungsgrenze."

Für die Mieterinnen und Mieter von 150.000 Kategorie-Mietwohnungen stehe außerdem mit Juli die nächste Erhöhung ins Haus, und auch der Sektor der Mietwohnungen ohne Preisdeckel sei von massiven Preissteigerungen betroffen. "Es braucht rasche Lösungen und keine Polemik."

FPÖ: "Verantwortungslos"

FPÖ-Bautensprecher Philipp Schrangl sprach am Dienstag in einer Aussendung vom "Gipfel sozialpolitischer Verantwortungslosigkeit". Offensichtlich torpediere die ÖVP jede Entlastung hunderttausender Mieter "aus politischem Kalkül heraus". Der kolportierte Wohnzuschuss sei ein "reines Placebo", die Volkspartei entlarve sich als "stramme Parteigängerin der Vermieter". (Martin Putschögl, 21.3.2023)