Die schwarz-blaue Chemie zwischen FPÖ-Chef Manfred Haimbuchner und ÖVP-Chef Thomas Stelzer scheint in vielen Bereichen zu stimmen.

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Für die oberösterreichische Landespolitik war das Jahr 2015 eine Zäsur: Im Jahr der großen Flüchtlingswelle kassierte die ÖVP, damals noch mit Josef Pühringer an der Spitze, eine deftige blaue Ohrfeige, sackte von 46,7 auf 36,4 Prozent ab, während sich die FPÖ auf 30,4 Prozent nahezu verdoppelte. Die schwarz-grüne Regierungszusammenarbeit in der Proporzregierung, die zuvor zwölf Jahre gehalten hatte, ging sich damit nicht mehr aus. Josef Pühringer wandte sich – auf dringlichen Wunsch nicht weniger Parteikollegen – der FPÖ zu.

Absage an Kickl

Mittlerweile sind acht Jahre ins Land gezogen. Die Zusammenarbeit zwischen ÖVP, mit Landeshauptmann Thomas Stelzer an der Spitze, und FPÖ funktioniert – zumindest nach außen – über weite Strecken friktionsfrei. Im Jahr 2021 einigten sich die beiden Parteien nach der Landtagswahl erneut auf ein Arbeitsabkommen. Für die FPÖ war damals bereits vor dem Gang zur Wahlurne klar, dass der dritte Landesrat wohl nicht zu halten sein wird. An der Zusammenarbeit wollte aber Landeshauptmannstellvertreter und FPÖ-Chef Manfred Haimbuchner unbedingt festhalten. Und war bereit, auch deutlich auf Distanz zur eigenen Bundespartei zu gehen. Von ÖVP-Chef Thomas Stelzer ging damals nämlich eine klare Botschaft aus: Oberösterreich darf nicht "Kickl-Land" werden.

Haimbuchner erkannte den schwarzen Fingerzeig und warf sich der ÖVP fortan quasi an den Hals. In der heiklen Corona-Frage gab sich Haimbuchner, anders als noch im Wahlkampf, dann mit dem Start der Gespräche über eine schwarz-blaue Verlängerung plötzlich auffallend handzahm. Es folgte etwa eine offene Kritik daran, dass der blaue Bundesparteichef Herbert Kickl an Demonstrationen der Maßnahmengegner teilnahm. Und der eigenen Partei richtete Haimbuchner aus: "Das Corona-Thema war extrem schwierig für die freiheitliche Partei. Da gibt es in der FPÖ schon manche, die geglaubt haben, bei diesem Thema gibt es nur die eine wahre Linie." Im 43-seitige Regierungsprogramm von Schwarz-Blau II findet sich heute jedenfalls ein klares Nein zur Impfpflicht von beiden Parteien.

Schwarze Macht

Auf ÖVP-Seite war nach der Wahl 2021 parteiintern rasch klar, dass es weiter nur mit der FPÖ gehen wird. Inhaltlich gibt es de facto viele Gemeinsamkeiten zwischen Volkspartei und Freiheitlichen: etwa bei der Frage einer restriktiven Migrationspolitik samt einer Deutschpflicht für den Erhalt von Sozialleistungen. Ebenso ist man sich beim Thema Klimaschutz weitgehend einig. Vor allem bescherte die FPÖ der ÖVP eine umfassende – und von Stelzer angestrebte – Machtfülle. Die ÖVP stellt heute fünf der neun Landesräte in Oberösterreich. Alle Schlüsselbereiche – Finanzen, Wirtschaft, Integration, Pflege, Bildung, Gesundheit, Soziales – liegen in schwarzen Händen. Die Landesverfassung samt Proporz gibt den Rahmen vor, in dem solche Auswüchse in Richtung politische Einseitigkeit möglich werden.

Blaues Schaf

Mit der schwarz-blauen Entscheidung in Niederösterreich werden aber nun Stimmen laut, die einen Vergleich mit Oberösterreich für unzulässig halten. Tatsächlich gilt Haimbuchner, der sich selbst als "ein überzeugter Rechtsliberaler und in gesellschaftlichen Fragen ein Konservativer" sieht, – im direkten Vergleich zu Udo Landbauer – wohl als gemäßigter Blauer. Viel sehen Haimbuchner aber auch als blauen Wolf im Schafspelz. Einerseits geht der aus Steinhaus bei Wels gebürtige FPÖ-Politiker als "Mamas Liebling" durch: immer höflich, immer adrett gekleidet, der Seitenscheitel wie aus Beton gegossen. Doch die sanftmütige Schale hütet einen harten Kern. In der Sache ist Haimbuchner oft ein Hardliner. So war es eine seiner ersten Taten als frisch angelobter Landesrat, den Wohnbeihilfefolder in türkischer und serbischer Sprache von der Website des Landes zu entfernen. Als Parteichef hatte er auch immer wieder mit rechten Umtrieben aus den eigenen Reihen zu tun. Oft gab es Konsequenzen, aber nicht immer.

Für Haimbuchner ist die FPÖ dennoch immer eine Partei der Mitte. Vermeintliche Positionierungsfehler kritisierte Haimbuchner bereits 2010 deutlich: "Wir müssen liberaler werden und in die Mitte rücken, um wählbar zu sein." (Markus Rohrhofer, 21.3.2023)