Belarus und seine Nationalteams, hier die Fußballer, spalten auch die Sportwelt.

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Berlin – Allein der Gedanke sorgt für Entsetzen. Belarussische Fußballer? Bei EM-Spielen in Berlin oder München? "Es ist zwar sportlich unwahrscheinlich, aber wir wollen auf keinen Fall Spiele von Belarus 2024 in Deutschland haben", sagte der deutsche Grünen-Politiker Philip Krämer im SID-Gespräch. Weil die Nationalmannschaft des Landes, das Russlands Angriffskrieg in der Ukraine unterstützt, in der EM-Qualifikation starten darf, macht Krämer mit 45 weiteren Bundestagsabgeordneten seiner Partei mobil.

Und er nimmt die Uefa in die Pflicht. "Nicht darüber zu reden, Belarus komplett auszuschließen, ist schwer zu begreifen und entbehrt jeder Grundlage", sagte der stellvertretende Vorsitzende des Sportausschusses, der sich mit seinen Parteikollegen in einem Brief an Europas Fußballverband wandte: "Die Uefa muss handeln, sonst macht sie sich unglaubwürdig."

Aktuell wird Belarus jedoch in der Quali-Gruppe I geführt und darf gegen Andorra, Israel, den Kosovo, Rumänien und die Schweiz um ein EM-Ticket spielen. "Die Uefa hat eine Verantwortung, nun klare Kante zu bekennen und eine klare Linie aufzuzeigen, wer teilnehmen darf und wer nicht. Und die Beteiligung an einem völkerrechtswidrigen Angriffskrieg ist eine simple Grenze, die man ziehen kann, um das zu entscheiden", sagte Krämer.

Eigene Wege

Derweil geht die Uefa in der Belarus-Frage einen eigenen Weg. "Wenn sich die Dinge ändern, werden wir sicherlich reagieren. Die Politik sollte unsere Entscheidungshoheit respektieren", hatte Präsident Aleksander Ceferin im Herbst gesagt. Im Weltsport ist Belarus genau wie Russland größtenteils von Wettbewerben ausgeschlossen, darf wenn dann nur unter neutraler Flagge an den Start gehen.

In der EM-Qualifikation im Fußball sieht das aber eben anders aus – und Belarus tritt am Samstag (18 Uhr) zum Quali-Auftakt auf neutralem Platz im serbischen Novi Sad ohne Fans gegen die Schweizer an.

"Dann könnte man es auch ganz sein lassen", sagte Krämer, der von einer "hochpolitischen" Begegnung sprach und den Brief an die Uefa als "Symbol" versteht. "Ich kann mir das nicht erklären. Es macht sportlich keinen Sinn, es macht finanziell keinen Sinn. Es gibt für mich keine Notwendigkeit, an Belarus festzuhalten", sagte Krämer.

Fechtverband pro Belarus

Die für den Sport zuständige deutsche Innenministerin Nancy Faeser (SPD) hatte bereits vor der Quali-Auslosung im Oktober in einem Brief an Ceferin den Ausschluss des Landes gefordert. Darin verlangte Faeser, dass "nicht nur Russland, das einen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg führt, sondern auch Belarus als wesentlicher Unterstützer der russischen Führung von allen internationalen Fußballspielen und -turnieren ausgeschlossen werden" solle.

Die Auftritte der belarussischen Fußballer kommen zu einer Zeit, in der das Thema Russland/Belarus den Weltsport spaltet. Das Internationale Olympische Komitee (IOC) drängt auf eine Rückkehr Russlands unter vollständiger Neutralität, die Ukraine droht mit einem Olympia-Boykott in Paris 2024, sollten auch russische und belarussische Sportler teilnehmen.

Der Internationale Fechtverband (FIE) war zuletzt vorgeprescht und hatte angekündigt, russische und belarussische Athleten wieder zum internationalen Sportbetrieb zuzulassen. Die deutsche Regierung kritisierte das als "falschen Weg", der Fechtverband der Ukraine kündigte einen Boykott aller Wettbewerbe mit russischer Beteiligung an.

"Ich glaube, die Sportwelt hat eine Verantwortung gegenüber den ukrainischen Athletinnen und Athleten. Die Olympischen Spiele in Paris sind eine Möglichkeit, um auch in Europa noch näher zusammenzurücken", betonte Krämer. "Das würde natürlich komplett konterkariert werden, sollten ukrainische Sportler aufgrund von Bedenken nicht daran teilnehmen." (sid, red, 21.3.2023)