Erwartet wird, dass Fed-Chef Jerome Powell am Mittwoch die Zinsen noch einmal anhebt. Sicher ist das aber nicht.

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Zwischen zwei Zielsetzungen muss die US-Notenbank Fed bei ihrer Zinsentscheidung am Mittwochabend balancieren. Einerseits ist die Inflation zwar bereits acht Monate im Sinkflug, aber mit sechs Prozent immer noch viel zu hoch. Auf der anderen Seite muss Notenbankchef Jerome Powell nach den Pleiten der Silicon Valley Bank und anderer US-Regionalbanken auch die Finanzstabilität im Auge behalten – schließlich war der rasante Anstieg der Zinsen Auslöser der Probleme der betroffenen Geldhäuser.

Bei dem bisher letzten Zinsschritt im Februar hatte Powell bereits einen Gang zurückgeschaltet und den US-Leitzins nur noch um einen Viertelprozentpunkt (25 Basispunkte) bis auf 4,75 Prozent erhöht. "Es gibt noch mehr zu tun", betonte der Notenbankchef damals. "Auch wenn sich die Inflation zuletzt abgeschwächt hat, bleibt sie zu hoch." Bei welchem Niveau die Fed ihren Zinserhöhungskurs beenden werde, sei noch nicht entschieden.

Zinsgipfel nahe

Inzwischen sieht es danach aus, als ob der Zinserhöhungszyklus in den USA sein Ende womöglich erreicht hat oder diesem schon sehr nahe ist. Warum? Die Unsicherheit im Bankensektor führt ohnedies zu einer restriktiveren Kreditvergabe, entfaltet also eine ähnlich bremsende Wirkung wie höhere Zinsen. "Hat die Fed noch das Sagen?", fragt Daleep Singh, Chefökonom beim US-Vermögensverwalter PGIM Fixed Income. "Das Risiko einer zu starken Straffung ist jetzt mindestens genauso hoch oder dürfte sogar größer sein als das Risiko einer zu schwachen Straffung."

Seine Erwartung lautet daher: Powell werde eine letzte Zinserhöhung mit der Botschaft verbinden, dass die Fed danach eine längere Pause einlegt, mit der Option, die Zinsen zu einem späteren Zeitpunkt anzuheben – oder in der zweiten Jahreshälfte eine Zinssenkung vorzunehmen. "Tatsächlich haben jetzt die finanziellen Bedingungen das Sagen und nicht die Fed", ergänzt Singh. "Die nächsten Schritte dürften Zinssenkungen um 50 bis 75 Basispunkte im Laufe des Jahres sein."

Zwist um Zinssenkungen

Zwar wird für Mittwoch mehrheitlich nur ein kleiner Zinsschritt um einen Viertelprozentpunkt prognostiziert, allerdings wird an den US-Terminmärkten ein Zinsgipfel von 5,25 Prozent erwartet, wozu noch ein zweiter Schritt um 25 Basispunkten nötig wäre. Ob es heuer tatsächlich noch zu Zinssenkungen kommen wird, ist ungewiss – zumal ihnen Powell im Februar noch eine Absage erteilt hatte. Das war allerdings vor den Schockwellen, die in den vergangenen zwei Wochen durch die Bankenwelt gelaufen sind.

Auch in der Eurozone wird nach der angekündigten Leitzinsanhebung am vergangenen Donnerstag um einen halben Prozentpunkt auf 3,5 Prozent nun ein bedächtigeres Vorgehen der Europäischen Zentralbank (EZB) erwartet. Im Gegensatz zur vorherigen Sitzung blieb deren Präsidentin Christine Lagarde diesmal eine Prognose auf das weitere Vorgehen schuldig. Dieses werde auf Basis volkswirtschaftlicher Daten erfolgen, sagte Lagarde.

Holzmann rudert zurück

Auch Robert Holzmann, Chef der Oesterreichischen Nationalbank, wich am Montagabend in der ZiB 2 von seiner noch zu Monatsbeginn erhobenen Forderung nach drei weiteren Zinsschritten um je einen halben Prozentpunkt ab. Diese "würde ich nicht ausschließen, aber auch nicht sagen, dass sie notwendigerweise kommen", sagte Holzmann, der eigentlich als Falke, wie Befürworter einer straffen Geldpolitik bezeichnet werden, im EZB-Rat gilt.

Konstantin Veit vom Vermögensverwalter Pimco erwartet bloß noch eine weitere Zinserhöhung der EZB um einen Viertelprozentpunkt im Mai. "Die EZB muss ein weniger schweres Geschütz auffahren, um die Finanzbedingungen zu straffen und die Kreditvergabe zu bremsen, was letztlich die Inflation bremsen dürfte", sagte Veit. Von der Notwendigkeit weiterer Zinsschritte in der Eurozone ist er nicht überzeugt. (Alexander Hahn, 22.3.2023)