Erfahrung mit Karriereschritten unter ÖVP-FPÖ-Regierungen: Alexander Hofer wird ORF-Landesdirektor in Niederösterreich.

Foto: APA / Tobias Steinmaurer

Einmal schon hatte Alexander Hofer die Spitze des Küniglbergs im Blick – also den Job des ORF-Generaldirektors. Aber der langjährige ORF-Manager mit guter Vernetzung vor allem in Niederösterreich und der dort über Jahrzehnte regierenden ÖVP verzichtete auf eine Bewerbung.

Gegen Roland Weißmann wollte Hofer 2021 nicht antreten. Da – zu Jahresbeginn – schien schon klar, dass Weißmann der Kandidat der ÖVP-nahen Mehrheit im ORF-Stiftungsrat für die Abstimmung im August 2021 ist.

Damals in St. Pölten

Vielleicht verzichtete Hofer auch aus langjähriger Kollegenschaft mit Weißmann – man kennt einander seit den 1990ern aus dem Landesstudio. Damals ebenso in der ORF-Außenstelle in St. Pölten: Richard Grasl (später ORF-Finanzdirektor und Generalskandidat 2016, heute Führungskraft bei "Kurier" und "Profil") oder Elisabeth Totzauer, die 2021 gegen Weißmann antrat und heute TV-Magazinchefin ist. Weißmann ist seit 1. Jänner 2022 ORF-Chef.

Gleich nach der Generalswahl verzichtete Alexander Hofer 2021 neuerlich. Auf einen Job, der ihn wohl mehr interessiert als der ORF-General: Programmdirektor TV.

Ein Koalitionssideletter zwischen ÖVP und Grünen und ihren ORF-Stiftungsratsfraktionen sah vor, dass die Grünen ein Vorschlagsrecht für TV/Programm und Finanzen haben, die ÖVP für den General sowie Technik und Radio. Die Grünen plädierten für Stefanie Groiss-Horowitz und Eva Schindlauer, die heute Direktorinnen sind. Hofer blieb ORF-2-Chef und zugleich Unterhaltungschef für ORF 2 und auch ORF 1, das wiederum Direktorin Groiss-Horowitz nebenbei als Channel -Managerin leitet. Eine in der Praxis interessante Konstruktion, die mit dem Abgang des unbestrittenen Unterhaltungsprofis etwas vereinfacht werden könnte.

Landesstudio Österreich

Alexander Hofer hat das ohnehin ältere, bis auf die großen News-Sendungen und Magazinformate regionaler positionierte Hauptprogramm ORF 2 noch regionaler, chronikaler programmiert, vielleicht als Landesstudio Österreich. Nun siedelt er runter vom Küniglberg nach Niederösterreich, ins echte Landesstudio.

Gut möglich, dass ORF-Chef Weißmann Hofer gebeten hat, nach St. Pölten zu übersiedeln. Nach Robert Ziegler, der das Landesstudio selbst für niederösterreichische Verhältnisse schon als Chefredakteur zu offen im Sinne der ÖVP geführt hatte. Ein darüber vom STANDARD und anderen Medien im Dezember veröffentlichtes Dossier veranlasste Weißmann dazu, eine interne Evaluierungskommission die Vorwürfe untersuchen zu lassen und mit dutzenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zu reden. Sie fand so gewichtige Vorwürfe bestätigt, dass Ziegler zurücktrat.

Parallel dazu verlor die das ORF-Landesprogramm prägende Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner ihre absolute Mehrheit im Land. Als Landeschefin geduldet, dank einer Zusammenarbeit mit der FPÖ. Als ORF-Landesdirektor kommt mit Hofer ein über Jahrzehnte bekannter bis vertrauter Manager dazu – für die Landeshauptfraupartei wie die ORF-Belegschaft dort. Donnerstag dürfte ihn der Stiftungsrat zum Chef im St. Pöltener Landesstudio bestellen.

Wetter, "Seitenblicke", Show-Großprojekte

Hofer, heute 51, hat dort vor drei Jahrzehnten begonnen, als Redakteur, Chef vom Dienst, Moderator, Reporter. 1997 holte ihn Monika Lindner zum Vorabendformat "Willkommen Österreich", das Hofer 2019 als "Studio 2" wiedererstehen ließ. Bis 2007 war Hofer dort Außen- und Wettermoderator.

Dann übernahm er für ein Jahrzehnt die Leitung des Societyformats "Seitenblicke", parallel managte er Show-Großprojekte wie den Song Contest in Wien mit und entwickelte 9 Plätze 9 Schätze der Landesstudios. Er wurde Unterhaltungschef des Fernsehens und 2018 Channel-Manager von ORF 2.

Die Rahmenhandlung dieses Karriereschritts: eine ÖVP-FPÖ-Koalition im Bund mit wenig Verständnis für den ORF und noch weniger für den damaligen ORF-General Alexander Wrabetz. Um der angriffigen Regierung Kurz/Strache entgegenzukommen, setzte Wrabetz die der ÖVP zugerechneten Channel-Manager Totzauer und Alexander Hofer ein. Hofer hat also eine gewisse Karriereerfahrung mit ÖVP und FPÖ.

ORF-Landesdirektionen waren mehrfach Stationen auf dem Weg in die ORF-Direktion. ORF-Länderchefs wurden schon TV-Direktoren. Hofers Ex-Chefin Lindner 2002 dank ÖVP und FPÖ Generaldirektorin. Ihr warf der legendäre ORF-Langzeitgeneral Gerd Bacher vor, sie mache aus dem ORF ein "Landesstudio Österreich". (Harald Fidler, 22.3.2023)