Maximilian Wöbers Kampfkraft, hier für Leeds an Wout Weghorst von Manchester United demonstriert, ist auch in der österreichischen Nationalmannschaft höchst gefragt.

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Maximilian Wöber lebt seinen Traum. Dieser Tage in Windischgarsten. In dem oberösterreichischen Wintersportort bereitet sich das österreichische Fußballteam auf den Auftakt der EM-Qualifikation am Freitag gegen Aserbaidschan und am Montag gegen Estland vor. Wöber sagt: "Es ist wie Heimkommen."

Gekickt wird natürlich nicht in Windischgarsten, hier gibt es zwar ein Biathlonzentrum, aber kein geeignetes Stadion. Man reist zweimal nach Linz, das ist rund eine Autobusstunde entfernt. Teamchef Ralf Rangnick nimmt das in Kauf, in Windischgarsten ist die Luft noch in Ordnung, das Resort Dilly spielt alle Stücke, die der gewöhnliche Fußballprofi braucht. Wellnessbereich, Kraftkammer und so weiter.

Die Trainingsplätze sind per pedes erreichbar, geht man langsam, dauert es vom Hotel dreieinhalb Minuten. Am Dienstagnachmittag wurde öffentlich geübt, den Schulklassen hat es getaugt. Am Montagabend ist sogar Marko Arnautovic da gewesen, er verstärkte den Teamabend, reiste aber wegen seiner Fußverletzung wieder ab. David Alaba ist geblieben, er trainierte individuell, sein Einsatz gegen Aserbaidschan ist völlig auszuschließen. Alaba hat seit Wochen muskuläre Problem (Oberschenkel), der Fußballbund will ihn nicht als Dauerpatienten zu Real Madrid zurückschicken. Folglich wird Marcel Sabitzer der Kapitän sein.

Marswiese

Der 25-jährige Wöber hat trotz seiner Jugend eine beachtliche Karriere hinter und natürlich noch vor sich. Verteidiger aus Wien beginnen eher selten beim SZ Marswiese in Hernals, aber warum nicht? Schließlich haben zunächst der Sportklub und dann Rapid zugeschlagen, Wien ist ein Dorf. Von Hütteldorf wechselte er zu Ajax Amsterdam, die Reise führte weiter nach Spanien zum FC Sevilla, es folgten drei Jahre bei Red Bull Salzburg, Wöber erbeutete drei Meistertitel und drei Cupsiege, also das nationale Maximum. Aber irgendwie war das doch ein bisserl langweilig und eintönig, der Mensch lechzt nach neuen Herausforderungen.

Anfang Jänner meldete sich Leeds United, Trainer Jesse Marsch wollte Wöber unbedingt haben, man kannte einander aus gemeinsamen Salzburger Zeiten. Leeds überwies 20 Millionen Euro. "Und auf einmal war ich in England, in der Premier League, der besten Liga der Welt. Man erlebt viel, lernt viel über den Fußball und sich selbst dazu."

Marsch war wegen Erfolglosigkeit bald Geschichte, Wöber ist auch bei Nachfolger Javi Gracia in der Innenverteidigung gesetzt. "Er ist eine andere Persönlichkeit, Jesse war sehr emotional und eng bei der Mannschaft. Gracia ist ruhig, sachlich, ein anderer Typ, hat einen anderen Ansatz vom Fußball. Nicht immer pressen, sondern auch zurückziehen, in der eigenen Hälfte verteidigen." Für ihn, Wöber, habe sich praktisch nichts verändert: "Ich muss meine Duelle gewinnen, den Stürmern in den Arsch treten, schauen, kein Tor zu bekommen. Du musst in jeder Sekunde fokussiert sein, die Bälle fliegen von 30 Metern rein, bei der Qualität der Stürmer darf man sich keinen Fehler erlauben, sonst scheppert’s."

Fanmagnet

Und es schepperte, Leeds ist 14., steckt mittendrin im Abstiegskampf. Wöber hat das mangels Alternative akzeptiert. "Abstiegskampf habe ich noch nie mitmachen dürfen. Es wäre gemütlicher, Siebenter oder Achter zu sein, aber man muss sich dieser Aufgabe eben selbstbewusst stellen. Es geht auf dem Feld wie um Leben und Tod."

Gegen Aserbaidschan und Estland sollte es nicht so martialisch zugehen. Österreich ist, bei allem Respekt, klarer Favorit. Rangnick sieht Wöber als linken Außenverteidiger in der Viererkette vor, der Leeds-Legionär (Vertrag bis 2027) kann auch das. "Wir werden viel Ballbesitz haben, Druck machen. Wir haben trotz der Ausfälle einen starken Kader. Unser Ziel ist es, ein Fanmagnet zu werden."

Wöber wohnt in einem Vorort von Leeds. "So wie Baden und Wien. Dort leben lauter Pensionisten." Windischgarsten könnte, sollte der Vorort der EM-Endrunde 2024 in Deutschland sein. (Christian Hackl, 21.3.2023)