Nebenjobs von ORF-Mitarbeitern beschäftigen den ORF-Stiftungsrat am Donnerstag

Foto: APA / Herbert Neubauer

Krone-Headline, gemeint: Nebenjobs von ORF-Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern.

Foto: Kronen Zeitung

Wien – Medienpolitik über Boulevard-Schlagzeilen: Einen "ORF-Rabatt" stellte die Medienministerin dem ORF via Seite 1 der "Krone" als Bedingung für eine Haushaltsabgabe für alle statt der GIS. Eine Antwort findet sich in der "Krone"-Titelstory vom Mittwoch über "Die Gagen der ORF-Stars": ORF-General Roland Weißmann werde am Donnerstag dem ORF-Stiftungsrat "einen Befreiungsschlag" gegen Nebenjobs von ORF-Angestellten präsentieren, schreibt die Zeitung.

500 Mitarbeiter mit Nebenjobs

Die "Krone" begleitet den "Befreiungsschlag" mit Daten aus dem Unternehmen: "Es sind knapp 500 ORF-Mitarbeiter, die mit lukrativen Nebentätigkeiten (offiziell außerhalb der Dienstzeiten) ihre ohnehin guten Fixeinkommen auffetten – ein knappes Fünftel der gesamten Belegschaft", schreibt das Kleinformat direkt unter dem fetten Zwischentitel: "250.000 Euro Fixum, eine Million Euro für Nebenjobs".

Der Zwischentitel bezieht sich auf einen – ungenannten – Spitzenverdiener mit solchen Nebenbeschäftigungen, das wird allerdings erst ein paar Absätze später erklärt. Kein ORF-Journalist, kein programmgestaltender Mitarbeiter, argumentiert der ORF, die "Krone" zitiert einen Sprecher dazu so: "Dieser Moderator präsentiert die von anderen Redakteuren fertiggestellten Beiträge und verbindet sie zu einer Sendung – er ist also nicht programmgestaltend tätig." Nach STANDARD-Infos ist diese Person nicht beim ORF angestellt. Ein Werbevertrag für eine Konsumgütermarke bringe "knapp eine Million brutto" jährlich zusätzlich zu einem Fixum von rund 250.000 Euro, schreibt die Zeitung.

"Besonders restriktiv geprüft"

Für Moderationen und Auftritte erhielten Stars unter den ORF-Angestellten bis zu 15.000 Euro, eine Person verlange 3.500 pro Stunde plus Spesen, zählt die "Krone" auf.

ORF-Generaldirektor Weißmann hat erst im Februar – DER STANDARD berichtete – neue, strengere Regeln für Nebentätigkeiten vorgegeben. Nach eigenen Angaben reagierte er auf die Diskussion über Moderationen von ORF-Stars. Thema war in den Wochen zuvor etwa die Moderation von Vera Russwurm beim Wahlkampfauftakt der ÖVP Niederösterreich – Russwurm fällt allerdings bisher nicht unter die ORF-Regeln, weil ihre familieneigene Produktionsfirma die Sendung "Vera" zuliefert. Aber auch Moderationen von ORF-Angestellten wurden thematisiert.

Weißmanns neue Vorgaben: Nebenbetätigungen bei Kammern, politischen Institutionen und parteinahen Interessenvertretungen sind bis auf weiteres von den verantwortlichen Führungskräften abzulehnen. Alle weiteren Tätigkeiten abseits des ORF sollen derzeit "besonders restriktiv" geprüft werden.

Diese Vorgabe gilt, bis die Ethikkommission zu neuen Ergebnissen und Regeln gekommen ist. Diese Ethikkommission will Weißmann seinen Stiftungsräten am Donnerstag präsentieren, darauf bezieht die "Krone" den "Befreiungsschlag".

Abseits der Scheinwerfer

Der ORF ist allerdings eine Vielklassengesellschaft: Fünf verschiedene Dienst- und Kollektivverträge – von für die jeweiligen Angestellten sehr guten alten bis deutlich schlechteren aus 2014 – regeln die Angestelltenverhältnisse alleine im ORF selbst. In Tochterunternehmen des ORF von ORF 3 bis Marketing und Sender, wo rund ein Viertel der Vollzeitjobs im ORF-Konzern beschäftigt ist, werden Mitarbeiter teils nach anderen, schlechteren Kollektivverträgen angestellt.

Freie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des ORF weisen regelmäßig auf prekäre Arbeitsverhältnisse beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk hin, einige von ihnen haben den ORF mit Erfolg geklagt Ein Teil von ihnen wurde angestellt, teils in Teilzeit und nach den jüngsten Kollektivverträgen. Nebentätigkeiten wie Moderationen tragen bei diesen ORF-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeitern dazu bei, wirtschaftlich über die Runden zu kommen – auch ihre Nebentätigkeiten werden nun nach der neuen Vorgabe "besonders restriktiv" und damit häufig abschlägig behandelt.

Der Rechnungshof stellte für 2019/20 ein mittleres Einkommen im ORF von 86.500 Euro fest. Es ist das Ergebnis einer breiten Streuung nach weit oben, aber auch relativ weit unten. (Harald Fidler, 22.3.2023)