Der Micro-USB-Wahnsinn muss nach 16 Jahren endlich enden.

Foto: Daniel Irungu, EPA

Wieder ein Smartphone zerstört, nicht weil es runtergefallen ist und dabei nicht nur der Bildschirm, sondern auch sämtliche internen Komponenten zu Bruch gegangen wären. Nein, einmal mehr wurde die Micro-USB-Buchse ausgeschlagen – viel zu vielen Versuchen, das verdammte Ding richtig anzustecken, sei Dank.

Hartnäckig hält sich der Mythos, dass die derart gequälten Nutzerinnen und Nutzer im Schnitt drei Versuche brauchen, um die richtige Einsteckrichtung zu finden. Nun sitzt also das Ladekabel nicht mehr richtig im Gehäuse und das mehrere Hunderte Euro teure Gerät wandert im schlimmsten Fall in den Elektroschrott, weil es einen Wackelkontakt in einem wenige Cent teuren Bauteil hat.

Zum Glück schreiben wir mittlerweile das Jahr 2023, und derartige Probleme gehören dank der Segnungen des USB-C-Anschlusses der Vergangenheit an. Falsch. Vor wenigen Tagen brachte die Xiaomi-Tochter Redmi mit dem 12C ein Smartphone der Einsteigerklasse auf den Markt, das neben anderen technischen Abstrichen tatsächlich noch mit einem Micro-USB-Anschluss daherkommt. Xiaomi ist übrigens jenes Unternehmen, das sich gerne als das chinesische Apple bezeichnet. Aber selbst höherwertige Noise-Cancelling-Kopfhörer oder Lade-Cases von Earbuds, Gaming-Mäuse und E-Reader werden hierzulande immer noch mit der alten Buchse verkauft.

Ein Müllhaufen voller Versprechungen

Dabei sollte der 2007 erstmals vorgestellte Standard die Menge an Elektroschrott reduzieren. 2009 machte die EU-Kommission erstmals Druck auf die Hersteller der noch jungen Smartphones, und diese erklärten sich bereit, diesen eigenartigen sechseckigen Anschluss in ihren Geräten zu verbauen. Dieser sollte mindestens 10.000-mal ein- und ausgesteckt werden können, ohne dass es zu physischen Schäden kommt. Gleichzeitig sollte der Stecker mechanischen Beanspruchungen besser standhalten als der Vorgänger Mini-USB. Letztere Behauptung deckt sich freilich nicht mit den Erfahrungen der Nutzerinnen und Nutzer von wahrscheinlich tausenden Smartphones, die deswegen verfrüht ihr Leben ausgehaucht haben.

Das ist mehr als eineinhalb Jahrzehnte her, und mittlerweile gibt es mit USB-C einen Standard, der sich neben einer Vielzahl anderer Vorteile mit zweifacher Rotationssymmetrie auszeichnet. Auf Deutsch heißt das: Es ist völlig wurscht, wie man das Ding einsteckt. Vorbei sind die Zeiten der billigen Kabel mit den beiden eigenartigen Haken, die garantiert nach dem ersten Transport im Rucksack oder zwei gescheiterten Einsteckversuchen verbogen und unbrauchbar sind. Vorbei sind die Zeiten, als man in jede Reisetasche vorsorglich mehrere Micro-USB-Kabel stopfte, weil sie eh jedem Gadget beilagen. Von den unendlich langen Ladezeiten ganz zu schweigen.

Kosten im Cent-Bereich

Warum die Hersteller nach wie vor am Kadaver des längst veralteten Standards verdienen, ist schnell erklärt: Die Integration von USB-C ist mit seinen 24 Pins ein technisch deutlich komplexeres Unterfangen als Micro-USB mit seinen mageren fünf Drähtchen. Das bedeutet für die Hersteller mehr Schaltkreise und mehr Kosten, die sich aber mittlerweile eher im einstelligen Cent-Bereich abspielen dürften. Bei Einsteiger-Smartphones um 130 Euro mag das noch irgendwie zu rechtfertigen sein, bei Kopfhörern jenseits der 200 Euro eher nicht.

Trösten können wir uns damit, dass es ein Gerät wie das Redmi 12 C ab Ende des kommenden Jahres so nicht mehr auf den europäischen Markt schaffen könnte. Ab da gehört USB-C nämlich zur Pflichtausstattung, und die Schändung der Leiche von Micro-USB hat endlich ein Ende. Möge sie in Frieden ruhen. Und zwar für immer. (Peter Zellinger, 23.3.2023)