Noch laufen die Hochöfen der Voestalpine in Linz und Donawitz auf vollen Touren. Aber im Lichte des Klimawandels gehört Stahlerzeugung mit Koks und Erz in Europa zu den aussterbenden Arten.

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Wien/Linz – Startschuss für die Dekarbonisierung der Stahlerzeugung in Österreich: Der Aufsichtsrat der Voestalpine hat grünes Licht gegeben für die ersten 1,5 Milliarden Euro an Investitionen, mit denen die klassische Stahlerzeugung in Österreich mittels Elektrolichtbogenöfen ersetzt werden soll. Das gab Voestalpine-Chef Herbert Eibensteiner am Mittwoch in einer Pressekonferenz bekannt.

Zwei aus fünf

Ab 2027 sollen die ersten zwei von insgesamt fünf Hochöfen in Linz und Donawitz außer Betrieb gehen und durch Elektroöfen ersetzt werden. Damit soll das Ziel, die CO2-Emissionen bis 2030 zu halbieren (gegenüber dem Referenzwert von 1990), erreicht werden. Für die Voestalpine sind das plangemäß 30 Prozent oder 2,5 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente weniger, die in der Produktion des Jahresabsatzes im Volumen von sechs bis sieben Millionen Tonnen Stahl anfallen, rechnete der Voest-Chef vor.

Der Rahmen für die Transformation steht, wie berichtet, längst fest, denn ab 2026 beginnt die Abschmelzung der jährlich kostenlos zugeteilten CO2-Zertifikate gemäß EU-Emissionszertifikatehandel (ETS). Demnach werden Jahr für Jahr weniger Zertifikate frei vergeben, ehe es 2034 gar keine mehr gibt.

Vorarbeiten laufen

Die Vorarbeiten für Greentec-Steel und Susteel bei der Voestalpine laufen seit Jahren, nun wird es konkret mit den Elektroöfen, in denen aus Schrott und Eisenpellets (HBI; bereits entschwefelt) Rohstahl erzeugt wird. Die dazugehörigen Rohstofflager, Logistik, Schrottrecycling und Stromversorgung sind bereits geplant, auch Grundstücke und Baufelder erschlossen.

Der Start des größten, bis 2050 skizzierten Investitionsprogramms stellt auch für die gesamte österreichische CO2-Bilanz einen bedeutenden Schritt dar, denn die Österreich zurechenbaren Emissionen sollen damit um fünf Prozent verringert werden.

Die Vorarbeiten für die Neuerungen sind bereits in Gang, die Entscheidung, bei welchen Herstellern die technischen Anlagen gekauft werden, soll noch 2023 fallen, sodass der Bau 2024 beginnen kann. Die Inbetriebnahme der beiden Aggregate ist für 2027 angepeilt.

Eine Frage der Förderungen

Ein Punkt ist noch unsicher, dieser scheint aber angesichts der guten Geschäftslage des Stahl- und Technologiekonzerns vorerst nicht kriegsentscheidend zu sein: wie viel an Förderungen aus dem mit fünf Milliarden Euro gefüllten staatlichen Fördertopf für die Transformation der Industrie die Voestalpine für ihre Vorhaben bekommt. Noch stehen die Förderrichtlinien nicht fest, und ergo auch nicht das Volumen, das die Voestalpine erwarten darf. Man rechne mit einem Betrag im mittleren bis hohen zweistelligen Millionenbereich, sagte Eibensteiner.

Einen Plan B, also eine Alternative zur Dekarbonisierung der Stahlwerke in Oberösterreich und in der Steiermark, gibt es offenbar nicht. Es ist also nicht die Frage, ob Österreichs größter industrieller Emittent staatliche Unterstützung im Wege des EU-Green-Deals bekommt, sondern nur, in welcher Höhe.

Stromleitungen

Was noch notwendig ist für die Grünstahlproduktion: die notwendige Stromversorgung. Die Umweltverträglichkeitsprüfung für die 220-kV-Leitung am Standort Linz sei abgeschlossen, sagte Eibensteiner. Er gehe deshalb davon aus, dass das Stromnetz bis zur Inbetriebnahme der neuen Anlagen fertig ist.

Stichwort Kosten: Das Projekt Greentec-Steel wird um rund 500 Millionen Euro teurer als in früheren Präsentationen skizziert, damals war es auf gut eine Milliarde Euro taxiert worden. Seither seien die Preise deutlich gestiegen, außerdem habe man entschieden, Gebäude, Rohstofflogistik und Energieversorgung gleich größer auszulegen, nämlich auch für den zweiten Schritt nach 2027 investiert. Das Investitionsprojekt Elektroofen drei und vier in Linz und Donawitz sollte also um diese Ausgaben weniger kosten, sagte Eibensteiner. (ung, 22.3.2023)