Im Gastblog zeigt Rechtsanwältin Piroska Vargha, wie Erwachsenenvertretung funktioniert – und wie diese beendet werden kann, wenn die Voraussetzungen dafür gegeben sind.

Kann eine Person ihre Angelegenheiten aufgrund einer psychischen Erkrankung oder einer vergleichbaren Beeinträchtigung nicht mehr ohne Gefahr für sich selbst wahrnehmen, so bietet das Gesetz unterschiedliche Vertretungsmöglichkeiten, die eine Unterstützung der betroffenen Person in diesen Angelegenheiten gewährleisten sollen.

Je nach Vertretungsbedarf gibt es verschiedene Arten der Vertretung. Oberste Prämisse des Gesetzebers ist jedoch stets, die Autonomie erwachsener Menschen so lange und umfangreich wie möglich aufrechtzuerhalten.

Die Frage, wann eine Erwachsenenvertretung beendet werden kann, wurde zuletzt auch vom obersten Gerichtshof behandelt.
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Wer zur Vertretung eines Erwachsenen berufen wird, hängt zunächst auch von den eigens getroffenen Vorkehrungen ab. So besteht etwa die Möglichkeit der Erstellung einer Vorsorgevollmacht, in welcher man selbstbestimmt wählen kann, wer in Zukunft zur Vertretung herangezogen werden soll. Wird eine solche Vorsorgevollmacht nicht erstellt, besteht im Rahmen der gewählten Erwachsenenvertretung noch eine weitere Form der Selbstbestimmung. Diese kann auch eine nicht mehr voll handlungsfähige Person für sich wählen. Ist dies jedoch ebenso nicht mehr möglich oder nicht gewünscht, schreitet das Gericht zum Wohl der vertretenen Person ein und bestellt einen gerichtlichen Erwachsenenvertreter oder eine gerichtliche Erwachsenenvertreterin.

Jede dieser Stufen ist vorrangig zur darauffolgenden zu verstehen und stellt jeweils einen immer stärker werdenden Eingriff in die Autonomie der betroffenen Person dar. Insbesondere wird die gerichtliche Erwachsenenvertretung vom Gesetzgeber als "Ultima Ratio" betrachtet und kann nur dann errichtet werden, wenn keine der übrigen Vertretungsarten greift.

Dass die Bestellung eines Erwachsenenvertreters jedoch nicht endgültig sein muss, zeigt eine rezente Entscheidung des Obersten Gerichtshofs.

Nicht mehr benötigte Erwachsenenvertretung

Im vorliegenden Fall wurde die Betroffene durch ihre Mutter als gerichtliche Erwachsenenvertreterin betreut. In Folge erhielt sie jedoch darüberhinausgehend umfangreiche Unterstützung, sowohl durch die Familie als auch durch die Behindertenhilfe. Es stellte sich folglich die Frage, ob die Voraussetzungen der gerichtlichen Erwachsenenvertretung überhaupt noch vorlagen.

Das Erstgericht erklärte im vorliegenden Fall die gerichtliche Erwachsenenvertretung für beendet und enthob die Mutter der Betroffenen ihres Amtes als Erwachsenenvertreterin. Das Rekursgericht folgte der Entscheidung des Erstgerichts, weshalb sich die Mutter der Betroffenen veranlasst sah, sich an den OGH zu wenden.

Von bereits vorhandener Rechtsprechung bestärkt, führte der OGH dazu aus, dass das zentrale Anliegen des Erwachsenenschutzrechts darin bestehe, die Autonomie und die Selbstbestimmung einer schutzberechtigten Person möglichst umfassend und lange zu wahren. Die Betroffene soll vorrangig durch die erforderliche Unterstützung selbst in die Lage versetzt werden, ihre Angelegenheiten zu besorgen und am Rechtsverkehr teilzunehmen. Daraus sei der Grundsatz der Subsidiarität (Nachrangigkeit) der Erwachsenenvertretung abzuleiten. Die Bestellung eines Erwachsenenvertreters oder einer Erwachsenenvertreterin käme daher nur dann in Betracht, wenn dies zur Wahrung der Rechte und Interessen der betroffenen Person unvermeidlich ist.

Aus diesem Grundsatz folge zwingend, dass die Erwachsenenvertretung auch dann zu beenden ist, wenn die betroffene Person durch ein entsprechendes Unterstützungsangebot in die Lage versetzt werden kann, am Rechtsverkehr ohne Nachteil für sich selbst teilzunehmen.

Autonomie und Selbstbestimmung

Die Betroffene lebe selbständig, gehe einer geregelten Tätigkeit nach und beziehe daraus ihr eigenes Einkommen. Fest stünde zudem, dass sie mit Unterstützung ihrer Familie und der Behindertenhilfe in der Lage ist, ihre Angelegenheiten im Rechtsverkehr selbstbestimmt wahrzunehmen, und dass sie die notwendige Unterstützung auch tatsächlich erhält.

Insbesondere gehe es im vorliegenden Fall gerade nicht um den Übergang von der gerichtlichen zur gesetzlichen Erwachsenenvertretung, sondern darum, dass die Betroffene unter Berücksichtigung der ihr zukommenden Unterstützung – insbesondere durch ihre Mutter – überhaupt keiner Erwachsenenvertretung bedarf. Völlig unerheblich sei daher, ob ein naher Angehöriger zur Übernahme der gesetzlichen Erwachsenenvertretung bereit ist.

Unmissverständlich zeigt die Entscheidung also, dass die Autonomie und Selbstbestimmung eines jeden Menschen hohe Güter sind, die niemandem leichtfertig abgesprochen werden dürfen. Erst wenn es zur Wahrung der Interessen des Betroffenen unvermeidlich ist, kommt eine Erwachsenenvertretung in Betracht. Folgerichtig ist daher die Erwachsenenvertretung auch wieder aufzuheben, wenn die entsprechenden Voraussetzungen wegfallen. (Piroska Vargha, 24.3.2023)