ORF Niederösterreich bekommt am Donnerstag einen neuen Direktor – und womöglich eine Anfechtung seiner Bestellung.

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Bewerberin Nina Krämer-Pölkofer kritisiert den intransparenten Prozess bei der Bestellung der ORF-Direktorinnen und -Direktoren.

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Wien – Am Donnerstag dürfte der ORF-Stiftungsrat auf Vorschlag von ORF-Chef Roland Weißmann Alexander Hofer zum neuen ORF-Landesdirektor für Niederösterreich bestellen. Eine Bewerberin um die Funktion macht im STANDARD-Gespräch aufmerksam auf den nicht zeitgemäßen, intransparenten Prozess zur Bestellung von Führungskräften der höchsten Ebene im ORF statt eines fairen Wettstreits der Ideen etwa in einem Hearing.

"Aushängeschild für unabhängige Berichterstattung"

Die langjährige Medienmacherin und Managerin Nina Krämer-Pölkhofer hat sich mit einem ambitionierten Konzept eines "Regionalkompetenzzentrums" um die Funktion des ORF-Landesdirektors beziehungsweise der Landesdirektorin in Niederösterreich beworben. Sie wollte das ORF-Landesstudio, dessen bisheriger Direktor wegen öffentlich gewordener Vorwürfe der ÖVP-freundlichen Beeinflussung der Berichterstattung zurückgetreten ist, zu einem "positiven Aushängeschild für unabhängige Berichterstattung" machen.

Krämer-Pölkhofer hätte mit einer Einladung zu einem Hearing der Bewerberinnen und Bewerber gerechnet, am besten vor dem Management und der Belegschaft, sagt sie im Gespräch mit dem STANDARD. Mit einem "fairen Wettbewerb der besten Ideen".

"Null Rückmeldung"

Tatsächlich bekam sie erst auf zweimalige Nachfrage bestätigt, dass ihre Bewerbung überhaupt auf dem Küniglberg eingelangt sei, mehr aber auch nicht: "Ich habe null Rückmeldung auf meine Bewerbung bekommen." Wird sie eine Bestellung Hofers am Donnerstag rechtlich anfechten? "Darüber werde ich nachdenken, wenn die Entscheidung gefallen ist", sagt die Bewerberin.

Das ORF-Gesetz sieht vor, dass der ORF-General ausgehend von den Bewerbungen einen Vorschlag an den Stiftungsrat macht und dieser mit einfacher Mehrheit den vorgeschlagenen Kandidaten oder die vorgeschlagene Kandidatin bestellt – wie berichtet voraussichtlich den bisherigen ORF-2-Chef Alexander Hofer.

"Intransparentes Procedere schadet allen"

"Das intransparente Procedere bei der Vergabe von Top-Jobs schadet allen: Bewerberinnen und Bewerbern, dem Ansehen des ORF, der Glaubwürdigkeit, und kratzt am höchsten Gut des ORF, dem Vertrauen", sagt Krämer-Pölkhofer: "Das ist kein Management auf der Höhe der Zeit. Diese Struktur gehört ebenso überdacht wie die Struktur der politischen Besetzung des ORF-Stiftungsrats. Diese Struktur ist falsch." Derzeit ist eine Beschwerde des Landes Burgenland beim Verfassungsgerichtshof anhängig, der zu klären hat, ob diese Besetzungsstruktur der ORF-Gremien dem Verfassungsgebot der Unabhängigkeit gerecht wird.

Krämer-Pölkhofer sagt, sie mache die Abläufe und Erfahrungen mit einer Bewerbung für eine ORF-Funktion öffentlich, um eine Diskussion darüber anzustoßen: "Um die künftigen Herausforderungen bestens meistern zu können, müssen – vor allem im Sinne des Hauses ORF – Prozesse definiert werden, um einen fairen Wettstreit der besten Lösungsansätze zu ermöglichen. Baustellen gibt es zur Genüge."

"Anschein von Mauschelei und Postenschacher"

Die Bewerberin: "Es ist mir unverständlich, warum nach der Vorgeschichte, die die Ausschreibung dieser Position überhaupt nötig machte, der intransparente Weg weitergegangen wird. Ich habe mich beworben, weil ich dachte, es gibt ein ergebnisoffenes Match." Ihre Erfahrung indes: "Bestellungen, ohne sich die Ideen von Mitbewerbenden anzusehen beziehungsweise diese zum Gespräch zu laden."

Es brauche im Gegenteil "einen ergebnisoffenen Diskurs mit Expertinnen und Experten zur Lösungsfindung. Schon alleine deshalb, um nicht einmal den Anschein von Mauschelei oder Postenschacher entstehen zu lassen. Das hätten sich alle Beteiligten verdient!"

Krämer-Pölkhofer war Redakteurin, Moderatorin und Managerin bei Radio PL1 in St. Pölten, bei 88.6, bei Radio Arabella Wien, beim ORF-Radio Wien, Programmdirektorin bei Radio Arabella München; sie beriet laut ihrem Lebenslauf den ORF Burgenland, unterrichtete an der FH Wien für Journalismus & Medienmanagement, machte Medienarbeit unter anderem für GIS und die ORF-Akademie. Zuletzt war sie über sechs Jahre Generalsekretärin der Ziviltechnikerkammer. (fid, 22.3.2023)