Das Programm ist bunt und richtet sich an die 14- bis 29-Jährigen. Pro Jahr stehen 45 Millionen Euro zur Verfügung.

Foto: Funk/Screenshot

Ist Senftube ein gutes Karnevalskostüm? Darf der Michael Wendler eine eigene Show bei RTL haben? Was kommt heraus, wenn man bei Ebay den Begriff "hässlich" eingibt? Fragen wie diesen geht die 23-jährige Marie Lina Smyrek im Format sympathisch nach. Mit kurzen knackigen Formulierungen und Humor. Dafür gibt es jetzt den Grimme-Preis, den renommiertesten Medienpreis für Fernsehen in Deutschland.

Dabei ist die junge Frau gar nicht im TV zu sehen, sondern auf Tiktok. Produziert wird sympathisch jedoch, wie rund 60 andere Formate für Social Media, von Funk, dem Content-Netzwerk der öffentlich-rechtlichen Sender von ARD und ZDF. Dieses richtet sich dezidiert mit seinen Inhalten an 14- bis 29-Jährige. Das sind 14 Millionen Menschen.

Funk ist kooperationsbereit

Klassisches Fernsehen wird für diese in Deutschland wie auch in Österreich immer unattraktiver, sie informieren und unterhalten sich lieber in den sozialen Medien. In Deutschland startete daher im Oktober 2016 Funk, um junge Menschen mit öffentlich-rechtlichen Inhalten im Internet zu erreichen.

Das will auch der ORF, was Funk-Geschäftsführer Philipp Schild im Gespräch mit dem STANDARD begrüßt. "Ich wünsche mir, dass der ORF im Sinne einer digitalen Strategie auch mehr Bewegungsfreiheit hat, um junge Zielgruppen ansprechen zu können. Eine Kooperation schließe ich nicht aus. In einem gemeinsamen Europa ist es gut, wenn man sich mit anderen Öffentlich-Rechtlichen austauscht, um mehr Kraft zu finden."

2022 erzielten die Funk-Inhalte auf Youtube rund 1,3 Milliarden Views, auf Tiktok mehr als 603 Millionen und auf Instagram mehr als 498 Millionen Views.

"Müssen flexibel sein"

"Junge Menschen sind für die klassischen Medien nicht verloren. Aber sie haben andere Bedürfnisse als Ältere. Da auch die Jungen Beiträge zahlen, haben sie ein Recht darauf, in ihrer eigenen Sprache abgeholt zu werden. Wir können und wollen sie nicht zwingen, nur das zu konsumieren, was es schon gibt. Wir müssen flexibel sein", meint Schild.

Im Kreuzverhör stellen sich deutsche Politiker und Politikerinnen den Fragen junger Menschen, sag_mal zeigt das Leben junger Menschen auf dem Land, bei Duschgedanken wird der Besuch beim Gynäkologen oder Alkohol thematisiert.

Letzteres passiert in nur wenigen Minuten, was aber nicht durchgängig die Leitlinie ist. Die ebenfalls mit einem Grimme-Preis ausgezeichnete Reportage über die Taliban in Afghanistan im Format STRG_F ist rund eine Stunde und 20 Minuten lang. Eine Studie der Medienforscher von SWR und ZDF aus dem Jahr 2022 zeigt, dass 86 Prozent der 14- bis 29-Jährigen in Deutschland Funk oder mindestens ein Funk-Format kennen. 76 Prozent haben schon einmal ein Funk-Format genutzt. Und 58 Prozent derjenigen, die die Dach-marke kennen, wissen inzwischen, dass Funk öffentlich-rechtlich ist beziehungsweise zu ARD und ZDF gehört.

45 Millionen Euro pro Jahr

"Heute zeigen unsere Messungen, dass wir sehr vielfältig wahrgenommen werden. Unser Spektrum ist sehr weit gefächert, es kommt gut an, dass wir unser journalistisches Handwerk in den Dienst der jungen Menschen stellen", sagt Schild und betont: "Wir sehen auch, dass Quellenangaben jungen Menschen sehr wichtig sind. Sie wollen wissen, woher die Informationen kommen, das wird bei uns honoriert."

45 Millionen Euro aus dem Rundfunkbeitrag der Deutschen stehen Funk jährlich zur Verfügung, ein Drittel davon kommt vom ZDF, zwei Drittel steuert die ARD bei. Werbung und Produktplatzierungen gibt es nicht.

Hoch im Kurs stehen Themen, die anderswo unter "Lebenshilfe" laufen würden. "Das haben wir gemerkt, als wir immer wieder den 200-Euro-Energiebonus der Regierung für Studierende thematisiert haben. Da war die Reaktion oft: Für so etwas zahle ich gerne meinen Rundfunkbeitrag", sagt Schild.

Tipps für Österreich

Monatlich hinterlassen diejenigen, die Funk-Beiträge ansehen, 450.000 Kommentare auf den diversen Plattformen. Großes Thema ist natürlich der Ukrainekrieg, oft ging es anfangs darum, wie man mit all den schlechten Nachrichten persönlich umgehen soll.

Doch auch bei Funk hat nicht alles gleich funktioniert. Zu Beginn hatte man eine eigene App im Auge. Aber dann merkte man bald: Man kann mit den wenigen Inhalten Menschen nicht überzeugen, eine eigene App anzusteuern.

Für ein mögliches österreichisches Funk hat Schild einen anderen Tipp: "Journalistinnen und Journalisten sind gefordert, mit einer Welt umzugehen, in der sich die Mediennutzung sehr schnell ändert. Es wird in Zukunft noch weniger Planbarkeit geben. Wir sind flexibel genug, auf Bedürfnisse zu reagieren und dennoch eine Richtung beizubehalten." (Birgit Baumann, 23.3.2023)