Ein schwules Paar musste einst von Uganda nach Kenia flüchten. Auch dort wird aber die Tendenz zu Homophobie stärker.

Foto: AP

Für queere Menschen ist es ab jetzt in Uganda noch gefährlicher. Die Regierung des afrikanischen Staates erließ diese Woche ein Gesetz gegen Homosexualität, welches die schon vorherrschende homofeindliche Gesetzeslage in Uganda stark verschärft.

Das Gesetz wurde unter der Woche verabschiedet.
DER STANDARD

Menschen in homosexuellen Beziehungen müssen zukünftig mit sieben bis zehn Jahren Haft rechnen. Auch für Personen, die "homosexuelle Handlungen" nicht melden, sind Haft oder hohe Geldstrafen vorgesehen. Auch bisexuelle, trans*, nichtbinäre oder sich als queer Identifizierende sind von dem neuen Gesetz betroffen. Präsident Yoweri Museveni muss den Entwurf noch unterzeichnen. Es wäre dann eines der härtesten Anti-LGBTQI-Gesetze der Welt – denn es sieht als extremste Maßnahme die Todesstrafe vor.

Während das Gesetz im Parlament verabschiedet wurde, sollen einige Parlamentarier homofeindliche Kommentare in den Raum gerufen haben. Eine der Abgeordneten forderte etwa, Homosexuelle zu "kastrieren". Auch der ugandische Präsident Museveni hetzt immer wieder öffentlich gegen nichtheterosexuelle Menschen.

Uganda ist mit seinem queerfeindlichen Schritt nicht allein. An den unterschiedlichsten Orten der Welt wurden erst kürzlich verschärfte Gesetze gegen Homosexualität beschlossen oder werden diskutiert.

In der Hauptstadt Kampala in Uganda fielen während des Beschlusses des Anti-LGBTQI-Gesetzes homophobe Kommentare.
Foto: REUTERS

Verfolgt und verhaftet

In Burundi herrscht seit 2009 ein Antihomosexuellengesetz, welches gleichgeschlechtliche Beziehungen mit bis zu zwei Jahren Gefängnis ahndet. Tatsächlich herrscht aber öffentlich eine viel feindlichere Einstellung zu Queerness. Präsident Evariste Ndayishimiye forderte Anfang März die Bürgerinnen und Bürger auf, gegen Homosexualität im Land vorzugehen.

"Ich bitte alle Burunder, diejenigen zu verfluchen, die der Homosexualität frönen, denn Gott kann sie nicht ertragen", sagte er in einer Rede. "Sie müssen verbannt und als Ausgestoßene in unserem Land behandelt werden." Laut AFP wurden im vergangenen Monat in Burundi 24 Personen wegen des Verdachts auf "homosexuelle Praktiken und Anstiftung zu homosexuellen Praktiken" festgenommen.

Auch in anderen Ländern Ostafrikas, aber auf anderen Kontinenten hat sich zuletzt das Klima für Menschen aus der LGBTQI+-Szene verschlechtert.

Komitee gegen LGBTQI in Kenia

Kenias Präsident William Ruto sagte Anfang März, Homosexualität habe in seinem Land keinen Platz. Ruto wolle außerdem die gleichgeschlechtliche Ehe für immer illegalisieren, denn "sie widerspricht der Kultur und den religiösen Überzeugungen des Landes".

Das Oberste Gericht in Kenia entschied dagegen im Februar, dass die staatliche Registrierungsstelle für Nichtregierungsorganisationen der LGBTIQ-Organisation National Gay and Lesbian Human Rights Commission die Registrierung nicht mehr verweigern darf.

Allein schon dieser Beschluss löste scharfe politische Reaktionen aus. Das Bildungsministerium gründete im März ein Komitee, welches sich gegen LGBTQI-Themen in Schulen einsetzen soll. Es könnte Schulbücher darauf prüfen, ob diese gleichgeschlechtliche Partnerschaften propagierten.

Übergeblieben aus der Kolonialzeit

In vielen Ländern in Afrika ist eine homofeindliche Stimmungsmache ein erfolgversprechendes populistisches Instrument. Annette Atieno, eine Sprecherin der National Gay and Lesbian Human Rights Commission, sagt der "Neuen Zürcher Zeitung" dazu: "Sie versuchen sich auf Kosten der queeren Bevölkerung als moralische Menschen zu inszenieren."

Häufig stammen die Gesetze noch aus der britischen Kolonialzeit, welche gleichgeschlechtliche sexuelle Beziehungen unter Strafe stellte. In insgesamt 32 Ländern in Afrika ist Homosexualität verboten, fast die Hälfte der Staaten weltweit mit solchen Gesetzen befindet sich auf dem Kontinent.

Adams Bodomo, Professor für Afrika-Wissenschaften an der Universität Wien, erklärte dazu dem STANDARD: Um die allgemeine Antihomosexuellenhaltung in Afrika zu verstehen, müssten drei Blickwinkel berücksichtigt werden: "Konservative afrikanische Traditionen, ausländische religiöse Einflüsse und das neokoloniale und heuchlerische Verhalten westlicher Akteure."

Menschen, die beschuldigt werden, der LGBTQI-Community anzugehören, wurden 2021 in Ghana verhaftet.
Foto: REUTERS

Häufig würden Gegner von LGBTQI-Rechten argumentieren, dass dies nicht Teil der traditionellen afrikanischen Kultur sei. "Es gibt jedoch eine ganze Reihe von Untersuchungen, die belegen, dass Homosexualität in den traditionellen afrikanischen Gesellschaften immer existierte" – bloß dass sie kulturell unterdrückt wurden.

Auch die beiden großen vorherrschenden Religionen in Afrika, das Christentum und der Islam, würden die Haltung zur einer Ablehnung von LGBTQI-Rechten begünstigen. Außerdem, sagt Bodomo, sei das heutige neokoloniale Verhalten der westlichen Akteure problematisch.

Die Regierungen vieler westlicher Länder, wie des Vereinigten Königreichs und der USA, hätten versucht, mit Auslandshilfen und anderen finanziellen Mitteln Druck auf afrikanische Regierungen auszuüben, damit diese homosexuellenfreundliche Gesetze erlassen. In Afrika jedoch habe man sich dabei vor den Kopf gestoßen gefühlt. Es herrsche der Tenor vor: Warum zwingt der Westen Afrika die gleichgeschlechtliche Kultur auf, während er gleichzeitig andere afrikanische kulturelle Praktiken wie die Polygamie ablehnt?

Situation in USA wird schlechter

Die USA drohten Uganda nun mit Sanktionen wegen des scharfen Gesetzes. Dabei zeigen auch die Amerikaner eine immer häufiger homofeindlichere Einstellung. In einigen Bundesstaaten der USA machen sich Republikaner für scharfe Anti-Queer-Gesetze stark.

In Kentucky etwa wurde beschlossen, dass Jugendliche keine spezifische medizinische Versorgung bezüglich ihrer Transidentität bekommen dürfen. In anderen Staaten wollen Politiker Drag-Shows verbieten.

Gesetzgeber in mindestens acht Bundesstaaten haben Gesetze eingebracht, die solche Shows illegalisieren und zensieren sollen. Insgesamt 14 Gesetzesvorlagen wurden in Arizona, Arkansas, Missouri, Nebraska, South Carolina, Tennessee, Texas und West Virginia erstellt. In Florida wurde bereits vor kurzem wo ein sogenanntes "Don't say Gay"-Gesetz (dt.: Sag nicht schwul) verabschiedet, welches das Besprechen und Einbringen von LGBTQI-Themen in Schulen verbietet.

Fachleute sehen in der Hetze gegen Drag-Veranstaltungen und Drag-Queen-Lesestunden in Bibliotheken eine Gegenbewegung der Konservativen auf die sich seit langem verbessernde Situation der LGBTQI-Community. 2015 legalisierte das Oberste Gericht gleichgeschlechtliche Ehen. Präsident Joe Biden sprach sich letztes Jahr für Gesetze aus, die LGBTQI-Rechte deutlich stärken sollen.

Auch in Österreich machen sich Konservative gegen Drag-Veranstaltungen stark. Zuletzt wollte die FPÖ Drag-Shows aus Wien verbannen. Sie sollten für Kinder verboten sein, forderte die rechte Partei.

Keine Bücher mehr in Ungarn

In Ungarn brachte die regierende Fidesz-Partei ein umstrittenes Gesetz zur Beschränkung der Information über Homosexualität und Transgeschlechtlichkeit durch. Regierungschef Viktor Orbán hält trotz scharfer Kritik aus der EU weiter an dem Gesetz fest. Der Beschluss verbietet unter anderem Bildungsprogramme oder Werbung von Großunternehmen, die Homosexualität und Transidentität zeigen. Auch Aufklärungsbücher soll es nicht mehr geben. Ungarn argumentierte seine Entscheidung damit, "Minderjährige zu schützen".

Auch in Polen verabschiedete die regierende PiS-Partei ein Gesetz gegen den Zugang zu Unterricht über queere Themen. Die PiS-Abgeordneten riefen dazu auf, "die Kinder zu schützen".

Die russische Staatsduma, das Unterhaus des Parlaments in Moskau, hat auch erst im November einen Gesetzentwurf angenommen, der die "Propaganda von nichttraditionellen sexuellen Beziehungen" für alle Altersgruppen verbieten würde. Präsident Wladimir Putin unterzeichnete das Gesetz, welches die Rechte der LGBTQI-Szene weiter massiv einschränkt.

Nachdem Bücher und andere "Werbung" für Homosexualität in Ungarn verboten wurde, gingen 2021 tausende Menschen in Budapest zu jährlichen Pride-Veranstaltung auf die Straße.
Foto: AP

In Indonesien hingegen wurde Homosexualität kürzlich de facto verboten. Ein neues Gesetz verbietet Sex außerhalb der Ehe. Da gleichgeschlechtliche Paare in Indonesien nicht heiraten dürfen, verbietet das neue Gesetz somit gänzlich homosexuelle Beziehungen.

Mit den derzeitigen Tendenzen zu Homofeindlichkeit in vielen Ländern haben sich auch einige NGOs bereits gegen die Haltungen appelliert. So etwa Tigere Chagutah, Regionaldirektorin von Amnesty International für das östliche und südliche Afrika: "Das als '2023 Anti-Homosexuality Bill' bezeichnete Gesetz kommt einem schweren Angriff auf LGBTQI-Personen gleich." Außerdem, sagt Chagutah, verstoße das neue Gesetz gegen die ugandische Verfassung. (Melanie Raidl, 24.3.2023)