Das Handwerk der Bestatter zählt zum immateriellen Kulturerbe. Die Zahl der Naturbestattungen steigt.

Foto: Christian Fischer

Wien – Früher oder später trifft er uns alle: der Tod. Und damit einhergehend die Frage: Wie soll die Bestattung aussehen? Mit den Antworten darauf beschäftigen sich hierzulande tagtäglich 528 Bestatterinnen und Bestatter. Ihr tradiertes und erlerntes Wissen und ihre Praxis gehören nun offiziell zum immateriellen Kulturerbe Österreichs. Dazu zählt zum Beispiel auch das Handwerk der Zuckerbäcker, das Wissen von alpinen Bergführern oder die Zucht von Lipizzanern.

Die Aufnahme ins nationale Verzeichnis durch die österreichische Unesco-Kommission erfolgte im Herbst, am Donnerstag wurde bei einem Pressetermin auf dem Wiener Zentralfriedhof die Auszeichnung verliehen. Eingereicht wurde der Antrag vom Bundesverband der Bestatter. Österreich steche hier nicht durch eine besondere Bestattungspraxis hervor, sondern reihe sich in eine globale Praxis ein, sagt Unesco-Generalsekretär Martin Fritz. Die Vielfalt der Praktiken soll so erhalten werden.

Gewürdigt wurde das Handwerk in der Kategorie "Umgang mit der Natur". Die Begründung: Die Bestatter besäßen "eine große Bandbreite an Wissen, das von sozialen, lokalen und religiösen Praktiken und Symbolen bin hin zu individuellen Gestaltungsmöglichkeiten reicht, um die Hinterbliebenen bestmöglich bei der Trauer zu begleiten".

Keine Sargverkäufer

Gemeint ist damit, sagt Markus Pinter vom Bundesverband der Bestatter, dass man kein "Sargverkäufer" mit geschäftstüchtiger "Entsorgungsmentalität" ist, sondern ein Komplettanbieter, der von der Beratung und Trauerbegleitung der Angehörigen bis zur Beerdigung auf die einzelnen Wünsche eingehe. Zwar hätten sich die Riten rund um die Beerdigung – mit gemeinsamem Trauern, Abschiednehmen oder Leichenschmaus – kaum verändert, aber die Art und Weise sei in den vergangenen Jahren immer individueller geworden.

"Die Beerdigungen folgen keinem strikten Schema mehr, wie etwa die katholischen Beerdigungen in den Siebzigern", sagt Rainer Wernhart, Bestatter und Sprecher der Bundesinnung der Bestattung, im STANDARD-Gespräch. Vielmehr gehören heute eigene Nachrufe, Lieblingslieder und aufgestellte Kleinigkeiten, die die Verstorbenen ausmachen, zur Beerdigung. Parten würden über Whatsapp verschickt, auf Onlinetrauerportalen Kondolenzen geschrieben.

Im klassische Familiengrab auf dem Friedhof werde immer seltener beerdigt. Zugenommen haben laut Wernhart Kremierungen sowie Naturbestattungen. Den Ideen sind da kaum Grenzen gesetzt: Man kann die Asche zu einem Diamanten pressen oder in einer Metallkapsel per Rakete ins Weltall schießen lassen.

Trend zu Naturbestattungen

Wer lieber auf beziehungsweise unter der Erde bleiben möchte, kann sich in entsprechenden Wäldern, Parkanlagen oder Gewässern, etwa in der Donau, beisetzen lassen. Die Asche wird nicht ausgestreut, sondern in einer kompostierbaren Urne begraben. Es gibt aber auch spezielle Streuwiesen für die Asche, berichtet der Bestatter

Zu Wernharts Arbeit gehört auch zu wissen, welche Materialien gut verrotten oder welche Bestattung wo sinnvoll ist.

So gebe es Friedhöfe, wo die Überreste nicht so schnell verwesen wie anderswo: "Die Berater wissen, wann sie in einem Grab wieder beerdigen können."

Das über Jahrhunderte gesammelte Wissen der Bestatter wird in einer eigenen Akademie gelehrt – den Beruf Bestatter gibt es an sich nicht. Nachwuchsprobleme hätten sie nicht, sagt Innungssprecher Wernhart. (set, 23.3.2023)