Das Osterfestival bringt Vielfalt, dabei sind Tanzstücke wie "Hear Eyes Move" essenziell.

Foto: Kostohryz

Wer wissen will, wie sich die Welt von gestern angefühlt hat, könnte zum Beispiel das 2000 erschienene Buch Liquid Modernity des brillanten polnischen Soziologen Zygmunt Bauman neu lesen. Heute ziehen sich harte Grenzen ins einst allgegenwärtige Flüssige: Die globale politische Struktur transformiert zum explosiven Hybrid aus Fake, Furor und Flüchtigkeit.

Beim Osterfestival Tirol zeigen sich ab Freitag Gegenwart, Vergangenheit und Zukunft sowie Musik, Tanz und Film als – so das diesjährige Motto – "fließend". Ein Ansatz, der dazu beitragen könnte, den aktuellen Hang zu diversen Spaltungen aufzulösen.

Am 24. März geht’s los mit Rhythmus & Rausch der Salzburger Choreografin Helene Weinzierl (später im Festival gibt es weitere Tanzstücke, etwa von Eszter Salamon oder Mathilde Monnier). Tags darauf wird in Romina Lischkas Dhrupad Fantasia klassisch indischer Gesang mit Gambenmusik aus dem 16. Jahrhundert verbunden.

Lanzmanns Film "Shoah"

Fans treffen sich am 26. März früh um halb sechs in der Innsbrucker Spitalskirche, um dem Dhrupadsänger Uday Bhawalkar zu lauschen. Danach erinnert im Leokino Claude Lanzmanns Film Shoah von 1985 daran, wohin Fake und Furor in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts geführt haben.

Eine der Ursachen dafür und für aktuelle Desaster ist jene bis heute virulente männliche Gewaltkultur, die beim Osterfestival von den Autorinnen Lydia Haider und Judith Goetz aufs Korn genommen wird. Zu den musikalischen Festival-Highlights zählen die Klangräume der Perkussionistin Vanessa Porter mit u. a. Dust von Rebecca Saunders, weiters Phaces Konzert ins Innere, eingeleitet von Seven Colours der Komponistin Sarah Nemtsov, und De Profundis mit Stücken des Johann-Sebastian-Bach-Zeitgenossen Jan Dismas Zelenka. (Helmut Ploebst, 23.3.2023)