Auf dem Programm des EU-Frühjahrgipfels stehen der Krieg in der Ukraine, aber auch der geplante EU-Ausstieg aus dem klassischen Verbrennermotor für Autos und Klein-Lkws ab 2035.

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Beim letzten Besuch von UN-Generalsekretär António Guterres bei einem EU-Gipfel in Brüssel im Juni 2021 war die europäische Welt zwar nicht in Ordnung, aber auf einem guten Weg aus der Pandemiekrise. Der Portugiese lobte die Union als "absolut strategischen Partner" für mehr multilaterale Zusammenarbeit auf einem "zerbrechlichen Globus".

Wenn Guterres am Donnerstag die 27 Staats- und Regierungschefs trifft, scheint die Welt mit dem Ukrainekrieg aus den Fugen geraten zu sein. Die politischen Folgen des Konflikts, die bedrohte Versorgung mit Nahrungsmitteln, der Umgang mit China und Russland wird am ersten Tag des Frühjahrsgipfels mit ihm im Zentrum der Beratungen stehen. Die EU ihrerseits wird die Lieferung von Waffen und Munition für die Regierung in Kiew im Volumen von zwei Milliarden Euro freimachen. Bisher haben die EU und ihre Mitgliedsstaaten dafür rund zwölf Milliarden ausgegeben.

Zweiter Teil: Wirtschaft

Wirtschaftsthemen kommen erst im zweiten Teil des Gipfels in der Nacht auf Freitag und am Freitag beim Euro-Gipfel zur Sprache. Gemäß dem Einladungsschreiben des Ständigen Ratspräsidenten Charles Michel wäre das bei dem auf zwei Tage angesetzten Treffen ab Donnerstag der Vorschlag der EU-Kommission gewesen, wie die europäische Antwort auf das US-Programm zur Förderung der nachhaltigen Autoindustrie (IRA) durch die Regierung in Washington ausfällt. Diese fördert mit 400 Milliarden Dollar Produktion und Verkauf von E-Autos. Und die Kommission will wissen, mit welcher Strategie sich die EU unabhängiger macht beim Bezug von Rohstoffen wie Lithium oder seltenen Erden, die bei der Produktion von moderner Technologie nötig sind.

Neben dem Ukrainekrieg dürfte sich nun aber das eher spezielle Thema des geplanten EU-Ausstiegs aus dem klassischen Verbrennermotor für Autos und Klein-Lkws ab 2035 in den Vordergrund drängen. Darauf deuteten Aussagen von Italiens Ministerpräsidentin Giorgia Meloni hin, aber auch der Streit in der deutschen Regierung um die Zulässigkeit von E-Fuels für Pkws über den Termin 2035 hinaus. Es zeichnete sich jedenfalls nicht ab, dass es noch vor dem Gipfel eine rasche gütliche, endgültige Lösung geben wird.

Suche nach Hintertür

Wie berichtet, legt sich nicht nur Deutschland quer, das im Grunde im Trilog mit der Kommission bereits im Herbst und dann im Februar vom EU-Parlament formell beschlossene Aus für Verbrenner zu bestätigen. Im EU-Verkehrsministerrat gibt es dafür seit Wochen keine nötige qualifizierte Mehrheit. Denn neben Deutschland sind auch Italien, Tschechien, Polen aus Rücksicht auf ihre starke Autoindustrie mit einer "radikalen Lösung" nicht einverstanden.

Auch Österreichs Kanzler Karl Nehammer (ÖVP) kündigte an, gegen das komplette Aus für Verbrennungsmotoren ab 2035 zu stimmen. Er spricht sich so wie der deutsche Verkehrsminister Volker Wissing dafür aus, für synthetische Kraftstoffe (E-Fuels) einen Weg offen zu lassen.

Die Kommission hatte zuletzt vorgeschlagen, über die EU-Zulassungsverordnung eine Hintertür aufzumachen, ohne den Gesetzestext des Parlaments zu verändern.

Meloni sagte dazu in Rom, sie teile die Klimaschutzziele der EU-Kommission, aber die Union müsse auf "technologische Souveränität" setzen. Die Gefahr sei, "von der Abhängigkeit von russischem Gas in die Abhängigkeit von chinesischem Strom zu gehen", sagte sie in Bezug auf Lieferketten für E-Autos aus China. Europa solle den Staaten nicht vorschreiben, welche Technologien sie nutzen sollen. Es sei für die Nationen "eine Herausforderung, ihr Produktionssystem nicht zu zerstören". (Thomas Mayer aus Brüssel, 23.3.2023)