Autos verursachen heute zwölf Prozent des CO2-Ausstoßes der EU. Als Teil ihres großen Klimapakets schlug die EU-Kommission im Sommer 2021 vor, dass bald keine neuen Autos und Klein-Lkws mit Verbrennungsmotor mehr verkauft werden dürfen – stattdessen soll E-Mobilität Einzug halten. Das Verbrenner-Aus hätte Anfang März final besiegelt werden sollen. Jetzt wird wieder debattiert.

Frage: Warum ist das Verbrenner-Aus nicht wie geplant beschlossen worden? Galt das nicht als fix?

Antwort: Deutschland hat sich im letzten Moment quergestellt. Vor allem das FDP-geführte Verkehrsministerium sprach sich gegen ein definitives Aus im Jahr 2035 aus. Dabei hatten sich EU-Parlament und Mitgliedsstaaten bereits im Oktober geeinigt, dass in der EU ab 2035 nur noch Neuwagen verkauft werden dürfen, die im Betrieb keine Treibhausgase ausstoßen. Der Beschluss Anfang März galt als reine Formalie. Doch die Zahl der Länder, in denen sich Widerstand regt, ist zuletzt gewachsen. Auch Österreichs Kanzler Karl Nehammer (ÖVP) stellte sich in seiner "Rede zur Zukunft der Nation" auf die Seite Deutschlands. "Auch ich werde mich dagegen aussprechen, den Verbrennungsmotor zu verbannen."

Das Ablaufdatum für Verbrenner wackelt. Die Debatte ist erneut entflammt.
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Frage: Wie könnte eine Lösung für den Streit aussehen?

Antwort: Deutschland fordert einen Zugang, der "technologieoffen" ist – also sich nicht rein auf E-Mobilität festlegt. Etwa soll Platz bleiben für sogenannte E-Fuels – mit Strom erzeugte synthetische Kraftstoffe. Die EU-Kommission hat dem deutschen Verkehrsministerium laut Reuters jetzt offenbar einen Kompromiss vorgeschlagen. Sie will Verbrennungsmotoren auch nach 2035 zulassen, sofern sie ausschließlich mit sogenannten E-Fuels betankt werden können. Damit dürften die neuen Fahrzeuge rein technisch nur mit den synthetischen Kraftstoffen betrieben werden. Die Autos müssten erkennen können, wenn etwa Benzin oder Diesel getankt worden sei, und dann automatisch abschalten, heißt es in dem Entwurf. Allerdings hat die Kommission diesen Vorschlag nicht öffentlich bestätigt. Bloß: Man suche nach einer Lösung.

Frage: Wäre es umsetzbar, dass ein Auto nur E-Fuels tanken kann?

Antwort: In zehn Jahren wäre das wohl technisch machbar, sagt Bernhard Geringer von der TU Wien – auch wenn es derzeit keinen entsprechenden Sensor gibt, der dies ermöglichen würde.

Frage: Wie sinnvoll wäre es, Verbrenner mit E-Fuels zu erlauben?

Antwort: Das Verbrennerverbot gilt laut Klimafachleuten als ein Meilenstein. Der Straßenverkehr ist ein Problemfeld in der Klimapolitik – die Emissionen steigen hier weiterhin leicht an. Ein rascher Umstieg auf E-Autos soll es schaffen, dass die Straße klimaneutral wird. Zwar ist die Ökobilanz von E-Autos je nach Produktion und verwendetem Strom auch nicht blütenrein, über die Lebensdauer sorgen heute verfügbare E-Autos für weniger als halb so viel CO2 wie Autos mit Verbrennungsmotor – die Produktion des Autos mitgerechnet. Und: Die Produktion von E-Autos und ihren Batterien wird rapide effizienter und besser. Allerdings braucht es ausreichend grünen Strom. E-Fuels könnten eine Option sein, die bestehende Flotte ökologischer zu betreiben, wie Geringer argumentiert. Sie könnten die Klimabilanz des Straßenverkehrs verbessern – weil sie herkömmlichen Treibstoff ersetzen.

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Frage: Haben wir überhaupt genug E-Fuels für die Straße?

Antwort: Nicht ansatzweise. Bislang gibt es kleine Pilotanlagen, die erste Gehversuche mit der Produktion machen. Eine solche Anlage baut etwa der Technologiekonzern AVL in Graz. Sie soll im Jahr etwa 100.000 Liter E-Fuel herstellen. Zum Vergleich: Der Straßenverkehr in Österreich hat vergangenes Jahr 9,36 Mrd. Liter Treibstoff verbraucht. Verfechter der E-Fuel-Lösung im Straßenverkehr sagen: Es soll ja nicht der ganze Verbrauch gedeckt werden, sondern nur ein Zusatz zur Elektrifizierung geschaffen werden.

Frage: Wo werden sonst noch E-Fuels gebraucht?

Antwort: Unter anderem die Luft- und die Schifffahrt sind auf E-Fuels angewiesen, weil sie kaum elektrifiziert werden können. Autos würden mit ihnen konkurrieren. "Nachhaltige Treibstoffe sollten primär für jene Verkehrsträger verwendet werden, für die es keine Alternativen gibt", argumentiert etwa eine AUA-Sprecherin. "In absehbarer Zukunft müssen wir dafür sorgen, überhaupt die nötigen Mengen für den Flugverkehr zu bekommen." Die Denkfabrik Transport & Environment ergänzt: E-Kraftstoffe für Flugzeuge und Autos unterscheiden sich chemisch. Wird nun für die Straße produziert, könnte das den Hochlauf von E-Kerosin abbremsen – und damit den Versuch, die Luftfahrt klimaverträglicher zu machen. (Alicia Prager, Regina Bruckner, 23.3.2023)