Indes steigen auch die Mitgliederzahlen, heißt es aus der SPÖ.

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Bis Freitag kann sich noch einiges tun. Bis dahin können sich noch Kandidatinnen und Kandidaten für den Vorsitz der SPÖ melden. Dafür kommen sowohl langjährige Parteimitglieder als auch ganz neue infrage. Im Parteipräsidium wurde am Mittwoch entschieden, dass alle, die bis Freitag SPÖ-Mitglied werden, nicht nur mitbestimmen dürfen, wen sie gern an der Spitze der Partei sähen, sondern auch selbst ins Rennen darum gehen können.

Politikberater Thomas Hofer beurteilt die Vorgehensweise alles andere als positiv: Er sehe hier "Chaostage in Rot", sagte Hofer am Mittwochabend in der "ZiB 2". Schon jetzt sei eine Situation eingetreten, dass die beiden aussichtsreichsten Kandidaten, also Hans Peter Doskozil und Pamela Rendi-Wagner, "Schaden genommen haben". Aus Sicht der SPÖ müsse unbedingt verhindert werden, dass es zu "innerparteilichem Negative Campaigning" komme. Die Partei sei "waidwund", befand Hofer und bediente sich damit eines Jagdbegriffs für ein in den Bauch getroffenes, schwerverletztes Tier.

Pamela Rendi-Wagner und Hans Peter Doskozil sind bei weitem die bekanntesten Namen bisher im Rennen um die Parteispitze.
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Fünf Personen haben bisher ihre Kandidatur bekanntgegeben, die aussichtsreichsten sind die aktuelle Parteivorsitzende Pamela Rendi-Wagner und der burgenländische Landeshauptmann Hans Peter Doskozil.

Doch weil nicht jeder mit dieser Auswahl zufrieden ist, gibt es weitere Anwärter. So brachte sich Nikolaus Kowall, Ökonom und Vizeparteichef im Wiener Bezirk Alsergrund, selbst ins Rennen, weil er nach eigenen Angaben eine Alternative wolle. Der 40-Jährige war einst Wortführer der kritischen Sektion 8 und sagt selbst, er habe einen prominenteren und damit wohl aussichtsreicheren Kompromisskandidaten gesucht, aber sich als "Notlösung" erkoren.

Nikolaus Kowall war Begründer der Sektion 8 in Wien-Alsergrund und ist in dem Bezirk Vizeparteichef.
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Zwei einfache Mitglieder

Ähnliche Beweggründe für seine Kandidatur, über die der "Kurier" berichtete, nennt Berthold Felber, einfaches SPÖ-Mitglied aus dem Burgenland, seit den 70er-Jahren dabei. Der fast 69-Jährige führt in Neckenmarkt ein Unternehmen für Kabelbäume und findet, dass Rendi-Wagner und Doskozil zu einer "SPÖ-Führungsclique" gehörten, die sich von der Bevölkerung abschotte. Er trete nun an, weil er sich sonst Vorwürfe machen würde, es nicht zumindest versucht zu haben, zitiert ihn der "Kurier".

Der fünfte Kandidat stammt aus dem Waldviertel in Niederösterreich. Den "Niederösterreichischen Nachrichten" zufolge ist es ebenfalls ein SPÖler ohne politisches Mandat: Es soll sich um Gerhard Weißensteiner aus der 2.200-Personen-Gemeinde Großdietmanns im Bezirk Gmünd handeln.

Viele Fragen offen

Gewählt wird von 24. April bis 10. Mai 2023. Die Öffnung für weitere Anwärterinnen und Anwärter wirft allerdings mehrere Fragen auf: Was, wenn kein Kandidat auf eine absolute Mehrheit kommt, also nicht mehr als die Hälfte der Stimmen erhält? Zählt dann auch allein Platz eins, also reichen – bei fünf Antretenden – theoretisch auch knapp mehr als 20 Prozent der Stimmen? Oder soll es ohne Absolute für einen Kandidaten oder eine Kandidatin eine Stichwahl auf dem folgenden Parteitag geben? Für Montag sind die nächsten Sitzungen geplant, in denen es um Fragen wie diese gehen wird: Dann soll nicht nur das Präsidium, sondern auch der Vorstand zusammentreten.

Steigende Mitgliedszahlen

Das Rennen um die Parteiführung lässt indes auch die Mitgliederzahlen der SPÖ steigen. In den vergangenen Tagen seien jedenfalls "einige Hundert" Anträge eingelangt, hieß es am Donnerstag aus der Partei zur APA. Konkrete Zahlen wurden nicht genannt. Auch der Schriftsteller Robert Menasse und der Politikberater Rudi Fußi sind wieder in die Partei eingetreten. Letzterer schloss gegenüber der APA sogar eine Kandidatur nicht aus.

Wer sich online anmeldet, ist aber noch nicht automatisch sofort SPÖ-Mitglied. Die Daten werden nämlich an die Bundesländer weitergeleitet und dort bearbeitet, wo auch die Eintragung in das Personensystem abgewickelt wird. Erst dann gilt die Person als Mitglied. Die Landesorganisationen sollen sicherstellen, dass die Anmeldungen bis spätestens Freitag ins Personensystem eingetragen werden. Mit einem Mitgliedsbeitrag von 6,50 monatlich dürfte es auch keine hohen finanziellen Hürden geben.

Fragliche Fragestellung

Für Diskussionen in der SPÖ könnte auch noch die Gestaltung des Stimmzettels sorgen. Die Fragestellung soll nämlich mit der Frage in Du-Form beginnen, ob Rendi-Wagner Vorsitzende bleiben und die nächste Spitzenkandidatin sein soll. Darunter folgen in selber Manier ihre Kontrahenten samt ihrer Funktionen. Und womöglich macht es aus Sicht der im Schnitt älteren Mitglieder in der Bewertung doch einen Unterschied, ob jemand amtierende Vorsitzende der SPÖ ist oder Wiener Bezirkspolitiker. (jan, spri, 23.3.2023)