Über Dunkle Materie ist immer noch wenig bekannt. Diese Substanz, die nur über die Gravitation mit der bekannten Materie wechselwirkt und bei er es sich, laut manchen Theorien, um eine unbekannte Teilchenart handeln könnte, hält nicht nur unsere Modelle des Kosmos zusammen, sondern auch die sichtbaren Galaxien. Ihre Rotationsgeschwindigkeit ist zu hoch, ohne die unsichtbar wirkende Kraft würde es sie zerreißen.

Schwarze Löcher ziehen Dunkle Materie an. Während ein Teil hineinstürzt, bildet der Rest laut einer gängigen Theorie einen dichten Bereich um das Schwarze Loch.
Bild: The Education University of Hong Kong (EdUHK)

Zu den wenigen Dingen, die sich experimentell über Dunkle Materie feststellen lassen, gehört ihre Verteilung. So ist belegt, dass sie sich um große Massenansammlungen im Universum konzentriert und diese wie eine Art Nebel umgibt.

Auch Schwarze Löcher häufen Dunkle Materie in ihrer Umgebung an. Das zeigt nun eine im Fachjournal "The Astrophysical Journal Letters" erschienene Studie von Forschenden der Education University of Hong Kong. Die Nachweismethode ist dabei völlig neu.

Schon bisherige Forschungen zeigten, dass Dunkle Materie eine spezielle Form der Reibung auf Körper ausüben sollten, die sie durchqueren. Das mag überraschen, wechselwirkt doch Dunkle Materie sonst kaum mit sichtbaren Objekten. Es ist auch hier die Gravitation, die für den Effekt verantwortlich zeichnet. Sie bewirkt, dass sich Dunkle Materie wie eine Art zähe Masse verhält, die beweglichen Objekten Widerstand bietet.

Veranschaulichen lässt sich der Mechanismus durch die Vorstellung, Dunkle Materie bestünde aus mehreren kleinen Massen. Diese würden durch die Anziehungskraft eines in der Nähe vorbeifliegenden Objekts beschleunigt und mitgerissen. Das äußert sich in einer Bremswirkung auf das Objekt.

Partnersterne werden gebremst

Das Forschungsteam um Chan Man-ho untersuchte "Doppelsternsysteme", die aus einem Stern und einem Schwarzen Loch bestanden. Hat das Schwarze Loch in seiner Umgebung Dunkle Materie angehäuft, sollte sich das in einer zunehmend größer werdenden Entfernung der beiden Himmelskörper äußern, bei gleichzeitiger Verlangsamung der Rotation. Ein ähnlicher Effekt führt auch dazu, dass der Mond sich jedes Jahr einige Zentimeter von der Erde entfernt. Hier ist die Bremswirkung der Gezeiten für die Verlangsamung verantwortlich.

Bei den beiden Schwarzen Löchern A0620-00 und XTE J1118+480, die je von einem Stern begleitet werden, wurde das Team fündig. Die Verlangsamung der Rotation der Systeme erwies sich mit etwa einer Tausendstel Sekunde pro Jahr um 50-mal höher als vorhergesagt.

A0620-00 ist eines der nächsten und am besten untersuchten Schwarzen Löcher. Dieses Video der US-Weltraumagentur Nasa zeigt einen Vergleich der bekanntesten Doppelsternsysteme, die ein Schwarzes Loch enthalten.
NASA Goddard

Chan betont, dass es sich um ein völlig neues Ergebnis handelt: "Dies ist die allererste Studie, die das dynamische Reibungsmodell anwendet, um die Existenz dunkler Materie in der Umgebung von Schwarzen Löchern zu beweisen." Die Studie gebe eine neue Richtung für die zukünftige Erforschung dunkler Materie vor. Bisherige Methoden, Dunkle Materie um Schwarze Löcher zu untersuchen, hätten sich auf seltene kosmische Einzelereignisse wie Gammastrahlenausbrüche oder Gravitationswellen von der Verschmelzung Schwarzer Löcher konzentriert. Die neue Beobachtungsmethode könnte zugänglicher sein und die Untersuchung beschleunigen.

Besonders dichte Dunkle Materie

Dass Dunkle Materie sich tatsächlich um ein Schwarzes Loch ansammelt, ist nicht trivial. Eigentlich verschluckt ein Schwarzes Loch in der Nähe befindliche Massen. Doch ein kurz vor der Jahrtausendwende vorgeschlagenes Modell geht davon aus, dass ein Teil der Dunklen Materie, die nicht unmittelbar verschluckt wird, zurück ins All geschleudert wird, wo sie einen Bereich mit höherer Dichte formt.

Es handelt sich hierbei um eine indirekte Beobachtung von Dunkler Materie, die noch einige Fragen offen lässt. Doch die Entdeckung öffnet die Tür für weitere Forschungen. "Allein in der Milchstraßengalaxie gibt es mindestens 18 Doppelsternsysteme, die mit unseren Forschungsobjekten vergleichbar sind und reichhaltige Informationen liefern können, um das Geheimnis der dunklen Materie zu entschlüsseln", sagt Chan. (Reinhard Kleindl, 27.3.2023)