Die Remastered-Version von "Portal with RTX" ist nur ein Showcase für ein künftiges KI-Tool, das vor allem an Modder gerichtet sein wird.

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Es klingt fast zu schön, um wahr zu sein: Alte Videospiele sollen auf dem PC quasi per Knopfdruck aufgehübscht werden können. Möglich macht dies ein KI-gestütztes Tool von Chiphersteller Nvidia, das heuer als Beta-Tool veröffentlicht werden soll. Aber ist das wirklich so einfach? Für wen genau ist RTX Remix gedacht? Und wo stecken die größten Herausforderungen? Im Gespräch mit dem STANDARD verrät der verantwortliche Produktmanager Nyle Usmani Details zum neuen KI-Tool von Nvidia.

Erste Schlagzeilen machte das KI-Tool RTX Remix bei seiner Ankündigung, als man in Kooperation mit Valve eine Remastered-Version des Spieleklassikers "Portal" gezeigt hatte, das Update steht mittlerweile kostenlos für alle Besitzer des Spiels auf Steam zum Download. Diese aktualisierte Version kann aber eigentlich nur als Showcase für die Möglichkeiten des KI-Tools betrachtet. Nyle Usmani, RTX Remix Product Manager, erklärt im Gespräch, dass Nvidia das Tool RTX Remix zusammen mit der neuen "Portal"-Version entwickelt und dafür ungefähr ein Jahr lang gebraucht hat.

Nyle Usmani, der Produktmanager von RTX Remix, mit einem "Portal"-Kuchen bei einem Event zum Remaster von "Portal with RTX".
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Man hatte dabei zwar Ergebnisse wie "Minecraft with RTX" und "Quake II RTX" im Kopf, aber als Zielgruppe keine Entwickler im klassischen Sinn. "RTX Remix wurde in erster Linie für Modder entwickelt, und wir können es kaum erwarten zu sehen, was die Community mit den Tools erschaffen kann", sagt Usmani. Welche Spiele einen frischen Anstrich bekommen, dürfte also nicht in der Hand von Nvidia oder von Entwicklern liegen, die mit dem Chiphersteller eine Remastered-Version umsetzen wollen, sondern von der Community bestimmt werden.

Ein Assistent, keine Ablöse

Zumindest zu einem großen Teil. Usmani gibt zu, dass RTX Remix auch bei Entwicklern auf viel Resonanz gestoßen ist: "Wir haben auf jeden Fall viel Interesse von Entwicklern erhalten, wie die KI-Texturtools von Remix ihre Arbeitsabläufe beschleunigen können, und wir glauben, dass die Rolle der KI in der Spieleentwicklung nur an Bedeutung gewinnen wird." Es ist also keinesfalls auszuschließen, dass Entwickler für aufgehübschte Versionen alter Titel RTX Remix heranziehen werden – und es möglicherweise nicht einmal kommunizieren. Als künftige Ablöse für personelle Ressourcen will man das Tool bei Nvidia jedenfalls nicht auffassen: "Insgesamt sehen wir die KI als einen leistungsstarken Assistenten, nicht als Ersatz für Modder und Entwickler."

Ganz uneingeschränkt ist die Auswahl derzeit freilich nicht, die für Remix-Mods infrage kommen. Wie im Vorfeld bereits bekannt wurde, bestätigt Usmani auch im Gespräch, dass sich das KI-Tool auf 3D-Spiele beschränkt, die auf der Basis von DirectX 8 und DirectX 9 laufen. "RTX Remix fängt Rendering-Anweisungen ab, die an die GPU gesendet werden, und verwendet diese Daten, um Szenen zu erfassen und Assets und Beleuchtung in Echtzeit zu ersetzen", sagt der Produktmanager.

Eine der größten Hürden dabei war es, einen Weg zu finden, die Speicherbeschränkungen in klassischen Spielen zu umgehen. Als Lösungsansatz hat man daher eine benutzerdefinierte D3D9-Laufzeitumgebung entwickelt, die eine Art Brücke enthält: Sie soll eine x86-Architektur mit begrenztem Speicher in eine x64-Architektur mit praktisch unbegrenztem Speicher umwandeln – und das alles mit einer Latenz, die niedrig genug ist, um das Spiel weiterhin in Echtzeit spielen zu können.

RTX Remix erst am Anfang

Aus dem Gespräch ist aber auch ersichtlich, dass sich das Tool noch immer in einem relativ frühen Entwicklungsstadium befindet und anfangs selbst innerhalb der gesteckten DirectX-Beschränkungen keine freie Wahl bestehen dürfte: "Je näher wir der Beta-Version von RTX Remix kommen, desto mehr Fehler werden wir behoben haben, was die Kompatibilität deutlich verbessert", lässt Usmani durchblicken. Neben einer besonders aktiven Community, die sich jetzt schon organisch um RTX Remix gebildet hat, sollen laufende Updates für ein Plus an kompatiblen Inhalten sorgen.

RTX Remix ist grundsätzlich auf allen Grafikkarten nutzbar, die Raytracing unterstützen. Für einen Erfolg müsste es aber auch auf schwächeren Systemen besser laufen.
NVIDIA GeForce

Am erstaunlichsten an RTX Remix erscheint nach wie vor die Tatsache, dass das Tool nicht auf die Verwendung von Nvidia-Grafikkarten angewiesen ist, wie Usmani bestätigt: "Technisch gesehen ist RTX Remix mit jeder GPU kompatibel, die Vulkan RT ausführen kann. Letztendlich wird es an den Moddern liegen zu entscheiden, wie grafisch anspruchsvoll sie ihre Remastered-Version gestalten wollen." Theoretisch soll das auch ermöglichen, dass das Tool selbst mit Oldies wie einer RTX 2060 problemlos betrieben werden kann.

Die Praxis zeigt derzeit aber, dass man mit "Portal with RTX" selbst die aktuellsten Grafikkarten schon ordentlich ins Schwitzen bringt. Die wichtigste Frage bleibt Usmani leider noch schuldig. Zwar ist mehrmals die Rede davon, dass die Community RTX Remix "später in diesem Jahr" offiziell in die Hände bekommen wird. Wann das genau sein wird, darauf will man sich bei Nvidia – aus genannten Gründen – offenbar noch nicht festlegen. (Benjamin Brandtner, 25.3.2023)