ORF-Generaldirektor Roland Weißmann.

Foto: APA/EVA MANHART

Wien – ORF-Generaldirektor Roland Weißmann begrüßt die von der schwarz-grünen Regierung auf Schiene gebrachte ORF-Finanzierung: "Ein ORF-Beitrag ist eine solidarische Lösung zur Finanzierung des ORF, der von 95 Prozent aller Menschen in Österreich genützt wird", wird Weißmann in einer Aussendung des ORF zitiert. "Darüber hinaus begrüßt der ORF die Zusage einer Digitalnovelle, nur mit mehr digitaler Bewegungsfreiheit kann der ORF in Zukunft allen Menschen in Österreich ein adäquates Angebot machen."

Zach: "Meilenstein" für ORF

Einen "Meilenstein" sieht auch Thomas Zach, Sprecher der ÖVP-nahen Mehrheit im ORF-Stiftungsrat. Die Regelung bedeute eine "nachhaltige Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und damit die Absicherung seiner demokratiepolitischen Bedeutung", sagte Zach am Rande der ORF-Stiftungsratssitzung zu Journalisten. Gleichzeitig sei es auch eine Verpflichtung, dass der ORF noch mehr zu einem "ORF für alle" werden müsse. Die Haushaltsabgabe garantiere eine "größtmögliche Unabhängigkeit" des ORF von der Politik.

Was mit dem Radio-Symphonieorchester (RSO) und ORF Sport Plus passiert, ist noch unklar. Zach begrüßt jedenfalls das Bekenntnis der Regierung zum Fortbestand, wie der auch immer aussehen möge.

Lederer: RSO und Sport Plus nicht auslagern

Heinz Lederer, Freundeskreisleiter der SPÖ-nahen Stiftungsräte, plädiert dafür, das RSO und Sport Plus beim ORF zu belassen und nicht etwa auszulagern. Dass die Regierung angekündigt hat, in bestehende Verträge von ORF-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeitern einzugreifen, sei in Ordnung, weil es ein eklatantes Ungleichgewicht und eine Mehrklassengesellschaft im ORF gebe. Die Frage ist nur, in welcher Form diese Eingriffe über die Bühne gehen können und wann sie budgetär wirksam werden. Er erinnert an die Nationalbank, wo es sehr lange gedauert habe.

Privatsender kritisieren: Mehr Geld für ORF

Corinna Drumm vom Verband österreichischer Privatsender kritisiert, dass der ORF künftig mehr Geld bekommen könnte. "Der neue ORF-Beitrag erbringt nach unseren Berechnungen voraussichtlich mehr als 800 Millionen Euro. Bisher erhielt der ORF aus Programmentgelten 676 Millionen Euro", so Drumm in einer Aussendung. "Diese Einnahmensteigerung zusammen mit den geplanten weiteren Digitalfreiheiten für den ORF würde zu einer noch stärkeren Marktverzerrung führen."

Wie viel Geld der ORF ab 1. Jänner 2024 tatsächlich bekommen wird, ist allerdings noch unklar. ORF-Generaldirektor Weißmann wollte im Anschluss an die Sitzung des ORF-Stiftungsrats keine Details nennen. Die von den Privatsendern ins Spiel gebrachte Summe von 800 Millionen Euro sei jedenfalls zu hoch. Der ORF werde nur so viel Geld erhalten, wie er zur Erfüllung seines öffentlich-rechtlichen Auftrags brauche. Weißmann sprach zuletzt von 740 Millionen Euro. Sollte über die Haushaltsabgabe tatsächlich mehr eingenommen werden, werde das Geld auf ein "Sperrkonto" wandern – ähnlich wie in Deutschland.

Blimlinger: Weichen gestellt

Eva Blimlinger, Mediensprecherin der Grünen, sagt via Aussendung: "Ein qualitätsvoller öffentlich-rechtlichen Rundfunk ist für eine informierte Demokratie absolut unverzichtbar. Wir freuen uns, dass heute die Weichen gestellt werden für eine gesicherte Zukunft des ORF." Blimlinger zeigte sich zufrieden, dass es ein Bekenntnis zum Erhalt des RSO und von ORF Sport Plus gibt: "Der Erhalt der Inhalte des Spartenkanals Sport Plus und des international renommierten ORF Radio-Symphonieorchesters Wien hat für uns Priorität. Wir sind deshalb froh, dass zu diesem Zweck vom ORF in enger Abstimmung mit der Bundesregierung Konzepte zur Sicherung der Präsenz von ORF Sport Plus und des Bestands des RSO erarbeitet werden."

SPÖ sieht viele Fragen offen

Für die SPÖ sind noch viele Fragen offen. "Wo bleibt eine sozial gerechte ORF-Finanzierung? Wo ist die soziale Staffelung? Was werden Unternehmen zahlen?", so SPÖ-Mediensprecher Jörg Leichtfried. "ÖVP und Grüne haben sich wieder einmal nur auf Überschriften geeinigt. Viele Fragen bleiben offen: Wie wird vor allem eine sozial faire Finanzierung mit einer sozialen Staffelung je nach wirtschaftlicher Möglichkeit von Haushalten und Unternehmen sichergestellt? Es kann nicht sein, dass eine Studentin gleich viel zahlt wie die Villenbesitzerin", so Leichtfried.

Auch in Sachen Digitalnovelle gebe es "immer noch kein Konzept der ÖVP-Grünen-Regierung, um dem ORF die notwendigen digitalen Entwicklungsmöglichkeiten zu geben". Antworten bleibe die Regierung auch in Sachen RSO und Sport Plus schuldig. "Es ist weiter völlig unklar, wie es mit diesen wichtigen Institutionen eines öffentlich-rechtlichen Angebots weitergehen soll. RSO und Sportübertragungen müssen Teil des öffentlich-rechtlichen Auftrags des ORF werden und finanziell abgesichert werden", so die Forderung der SPÖ.

Neos: Chance wurde vertan

"Nur die Haushaltsabgabe einzuführen und dem ORF einen Sparkurs zu verordnen reicht nicht aus, um den ORF endlich ins 21. Jahrhundert zu holen. Medienministerin Raab (Susanne, ÖVP, Anm.) hat nichts geliefert: keine Reform, keine Entpolitisierung, lediglich eine andere Art der Finanzierung", reagiert Neos-Mediensprecherin Henrike Brandstötter auf die Pressekonferenz der Regierung am Donnerstag. "ÖVP und Grüne hätten die Chance ergreifen müssen, den ORF endlich aus den Fängen der Parteipolitik zu befreien und auf völlig neue, moderne Beine zu stellen. Doch die Bundesregierung setzt anscheinend nur das um, was der Verfassungsgerichtshof vorgeschrieben hat. Dass nicht einmal die Länderabgaben gestrichen wurden, ist eine vergebene Chance und zeigt, dass sich Raab gegenüber den Ländern nicht durchsetzen kann."

Vor der Neuaufstellung der ORF-Finanzierung hätte man zwingend den öffentlich-rechtlichen Auftrag schärfen und neu definieren müssen, damit der ORF zukunftsfit gemacht wird und den großen Herausforderungen unserer Zeit adäquat begegnen kann, so Brandstötter: "Wo bleibt die Entpolitisierung? Wo bleibt die Gremienreform? Wo bleiben Antworten auf Desinformation und Fake News? Wo bleibt die Abschaffung des Anhörungsrechts der Landeshauptleute?"

Kritik der FPÖ

Viel "heiße Luft" ortet die FPÖ in Form ihres Mediensprechers Christian Hafenecker: "ÖVP und Grüne haben sich in ihrer heillosen Überforderung also auf einen Ministerratsvortrag mit viel Blabla geeinigt, denn mehr ist es nicht. Es gibt weder ein neues Gesetz, noch sind die Details zur neuen Zwangssteuer abgeklärt oder ausgearbeitet."

"Diese Haushaltsabgabe ist nichts anderes als eine ORF-Zwangssteuer, mit der ÖVP und Grüne der ohnehin schon inflationsgeplagten Bevölkerung noch ungenierter in die Tasche greifen. Von uns kommt zu dieser Zwangsmaßnahme und Abzocke ein klares Nein, und damit stehen wir auf der Seite der Österreicher, wie uns die enorme Zustimmung zu unserer Petition 'Nein zur ORF-Zwangssteuer – Ja zu Objektivität und Sparsamkeit!' deutlich zeigt", so Hafenecker in einer Aussendung. (omark, 23.3.2023)