Eine Straßenszene in der jemenitischen Hauptstadt Sanaa, die seit Herbst 2014 unter Kontrolle der Huthi-Rebellen steht: Das Plakat zeigt Abdulmalik al-Huthi, den Führer der Gruppierung.

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Auf die gute folgte die schlechte Nachricht aus dem Jemen: Einen Tag nachdem ein großer Gefangenenaustausch zwischen den Kriegsparteien bekanntgegeben worden war, brachen in der zentraljemenitischen Provinz Marib erneut schwere Kämpfe aus. Diesmal geschieht das inmitten neuer Hoffnungen, dass der Krieg im Jemen, der zu einer humanitären Katastrophe geführt hat, zumindest angehalten werden kann. Denn die externen Unterstützer der Kriegsparteien, der Iran und Saudi-Arabien, haben die Wiederaufnahme ihrer diplomatischen Beziehungen verkündet.

Wobei, ganz ungewöhnlich ist es nicht, dass angesichts eines möglichen Waffenstillstands eine Seite noch versucht, Gelände zu gewinnen, zumal in einem ölreichen Gebiet. Im April 2022 wurde bereits eine Waffenruhe zwischen Huthis und jenen, die für die international anerkannte und von Saudi-Arabien unterstützte jemenitische Regierung kämpfen, geschlossen. Im Oktober scheiterte ihre Verlängerung, dennoch ist der Krieg – trotz sporadischer Kampfausbrüche – nicht wieder voll angelaufen.

Sudanesische Söldner

Vom jetzt geplanten Gefangenenaustausch, der in drei Wochen stattfinden soll, würden 887 Personen profitieren, 706 den Huthis zuzurechnende, darunter Frauen und Kinder, und 181 der Gegenseite, auch 15 saudische Bürger und einige Sudanesen, die von der saudisch geführten Koalition im Jemen als Soldaten eingesetzt werden. Dort kämpfen Söldner aus aller Herren Länder, etwa auch aus dem Senegal, zeitweise sogar aus Kolumbien.

Es ist nicht der erste große Austausch zwischen Huthis und Regierung, und es soll nicht der letzte sein. Bereits vor fünf Jahren wurde in Stockholm auf Uno-Vermittlung ein Grundsatzabkommen erreicht, in dem die Freilassung aller Gefangenen – genannt werden 15.000 – vereinbart wurde sowie die Aufklärung des Schicksals der vielen verschwundenen Personen.

Saudischer Feldzug

Der Kriegsbeginn im Jemen wird im Allgemeinen auf den März 2015 datiert, als Saudi-Arabien mit einer Koalition, deren wichtigster Partner die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) waren, gegen die Huthis eingriff. Da war die ursprünglich aus der nördlichen Provinz Saada stammende Rebellenmiliz jedoch bereits bis in die südliche Hafenstadt Aden marschiert.

Da die Huthis – die Schiiten sind, aber einer eigenen Richtung, dem Zaiditentum, angehören – vom Iran unterstützt werden, sah Saudi-Arabien das als drohende iranische Präsenz am Golf von Aden und am Eingang zum Roten Meer. Der jetzige Kronprinz und Premier Mohammed bin Salman, damals Verteidigungsminister, griff offen aufseiten der zuerst aus der Hauptstadt Sanaa, dann aus Aden vertriebenen jemenitischen Regierung ein. Die Saudis erwarteten einen raschen Feldzug: Aus Aden waren die Huthis bald wieder vertrieben, Sanaa kontrollieren sie auch acht Jahre später noch. Es gibt keine militärische Lösung.

380.000 Tote

Der Krieg hat laut Uno etwa 380.000 Todesopfer gefordert. Achtzig Prozent der Jemeniten und Jemenitinnen leben in Lebensmittelunsicherheit, ihre Lage ist durch die internationalen Folgen des Ukrainekriegs noch schlimmer geworden.

Der Konflikt zwischen den Huthis und der früheren Regierung hat eine lange Geschichte, mit einem spezifisch jemenitischen Hintergrund: Die Zaiditen waren bis zur republikanischen Revolution im Nordjemen 1962 die herrschende Dynastie, wurden danach wirtschaftlich und politisch marginalisiert und kamen durch den sich ausbreitenden wahhabitischen Salafismus immer mehr unter Druck. 2004, nachdem sich Präsident Ali Abdullah Saleh dem US-"war on terror" angeschlossen hatte, begann der erste Huthi-Aufstand im Norden.

Erwartungen auf Annäherung

Erst nach der Revolutionsbewegung des "Arabischen Frühlings" 2011, dem Abgang Salehs und einer misslungenen Transition gelang den Huthis die Ausbreitung auch in den Süden. Der regionale Kontext – die Wahrnehmung der Huthis als Stellvertreter Teherans sowie die Dominanz Saudi-Arabiens über die jemenitische Regierung – wurde immer stärker. Das heißt, ohne iranisch-saudischen Minimalkonsens wird es kein Kriegsende geben. Deshalb steigen nach der iranisch-saudischen Annäherung die Erwartungen auf eine Waffenruhe.

Saudi-Arabien hat großes Interesse, aus dem Krieg auszusteigen: Mohammed bin Salman ist dabei, das Königreich mit seiner Vision 2030 wirtschaftlich und sozial umzubauen, dazu braucht er Ruhe und Stabilität. Aus den Huthi-Attacken an der nordjemenitisch-saudischen Grenze wurden in den letzten Jahren Raketen- und Drohnenangriffe, 2021 auch auf die Ölanlagen der Aramco.

Luftangriffe auf zivile Ziele

Gleichzeitig erlitt Saudi-Arabien einen großen Reputationsverlust durch mutmaßliche Kriegsverbrechen durch Luftangriffe auch auf zivile Ziele in den Huthi-Gebieten. Beim Verbündeten – und Waffenlieferanten – USA wuchs die Kritik. Und die Allianz mit den VAE, die im Jemen eigene Interessen verfolgen und südliche Separatisten unterstützen, hat sich überlebt.

Der Iran andererseits ist durch Sanktionen und zusätzlich durch die neue Revolutionsbewegung angeschlagen – und China, das die Einigung mit den Saudis vermittelt hat, übt großen Druck aus. Teheran und Peking haben 2021 ein strategisches Abkommen über 25 Jahre geschlossen, das wirtschaftlich nicht abhebt, wenn der Iran so isoliert bleibt. China zeigte dem iranischen Regime zuletzt offen seinen Unmut über das ausbleibende Atomabkommen.

Gleichzeitig mit der später ausgelaufenen Waffenruhe gab es im April 2022 auch eine neue jemenitische Regierung: Anstelle von Präsident Abd Rabbo Mansur Hadi, der als Vize Salehs 2012 das Amt übernommen hatte, gibt es jetzt einen von verschiedenen Fraktionen besetzten präsidentiellen Rat. Der ist zwar auch schon wieder zerstritten, aber Hadi und sein Vize Ali Mohsen al-Ahmar, der als General ab 2004 die Huthis bekämpfte, galten als große Hürde für eine Befriedung. (Gudrun Harrer, 24.3.2023)