Als er den Passus zu den Corona-Strafen im schwarz-blauen Regierungsübereinkommen gesehen habe, sei einer seiner ersten Gedanken gewesen, ob nicht "die ÖVP die FPÖ da über den Tisch gezogen" habe, sagt der Verfassungsexperte Heinz Mayer. Praktisch und rechtlich sei die Rückzahlung der Strafen nicht möglich, sagt Mayer. Das wisse die ÖVP ganz genau, sie könne auf eine Menge guter Juristen im Landesdienst zurückgreifen. Anders könne er sich die Passage nicht erklären.

Wer profitiert vom schwarz-blauen Regierungsabkommen in Niederösterreich, und wie sind die einzelnen Punkte wie Deutschpflicht in der Pause und Corona-Fonds zu bewerten? Rund um diese Frage wurde beim Videotalk "STANDARD mitreden" diskutiert. Die Politikwissenschafterin Kathrin Stainer-Hämmerle sieht sehr wohl einen Erfolg der FPÖ: "Die Freiheitlichen haben erreicht, dass sie trotz radikalen Kurses jetzt wieder regierungstauglich geworden sind", so die Politologin. Der ÖVP werde die Vereinbarung schaden, weil sie sich hier nicht klar abgrenzt, sondern die FPÖ unterstützt, "aber am Ende wird der Schmied, nicht der Schmiedl gewählt".

FPÖ sieht Demokratie durch Pakt gestärkt

Der Chefredakteur der FPÖ-nahen Zeitschrift "Zur Zeit", Wendelin Mölzer, sieht im Pakt eine Stärkung der Demokratie: "Die Demokratie hat was davon, weil ein Wechsel gewählt wurde und dieser nun stattfindet." Auch er sagt, dass nicht alle Punkte umsetzbar sein würden, wie etwa die Deutschpflicht. Die FPÖ spreche aber die Probleme an.

Doron Rabinovici dagegen sprach vom "Ausverkauf demokratischer Werte", weil die Freiheitlichen in Niederösterreich einen besonders rechten Flügel der FPÖ repräsentieren. Symbolisch bedeutsam sei das Abkommen vor allem deshalb, weil hier die ÖVP eine Politikänderung in Richtung der Freiheitlichen vollziehe – das Credo "Keine Koalition mit der Kickl-FPÖ" sei über Bord geworfen worden: Dieser Neuausrichtung komme weit über Niederösterreichs Landesgrenzen Bedeutung zu.

Schlagabtausch zu Corona

Sehen Sie außerdem im Video: einen Schlagabtausch zur Corona-Politik. Während Heinz Mayer der FPÖ hier Schwurbelei unterstellt, sagt Mölzer, dass es Sinn mache, teure und nutzlose Werbekampagnen für die Corona-Impfung einzustellen. Schwurbler seien jene, die ohne Evidenz stetig nach noch härteren Maßnahmen gerufen hätten.

Die ÖVP-Abgeordnete Silke Dammerer erklärt, warum sie der Zusammenarbeit mit den Freiheitlichen eine Chance geben und keine Partei ausgrenzen wolle. Und: Ist die Ablehnung gegen die Deutschpflicht in der Pause berechtigt, oder braucht es dazu einen breiteren Diskurs? Auch darüber wurde heftig gestritten. Moderation: András Szigetvari. (Video: Laura Schmidt, 26.3.2023)