Wiener Suchthilfe am Gürtel in Gumpendorf. Der als städtische Drogenbeauftragter pensionierte Hans Haltmayer ist hier der Leiter.

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Reinhard Dörflinger, Mediziner und Leiter des Referats Drogensubstitution in der Wiener Ärztekammer, ist "befremdet". Vor einer Woche sei beim Treffen des Wiener Drogenbeirats, des mit Suchtfachleuten, Magistrat, Polizei sowie Vertreterinnen und Vertretern der Landtagsfraktionen besetzten beratenden Gremiums der Stadt zur Drogenpolitik, ein Brief aus dem Büro von Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) aufgetaucht, schildert er im Gespräch mit dem STANDARD.

Inhalt des Schreibens: Die Funktion des städtischen Beauftragten für Sucht- und Drogenfragen wurde abgeschafft, und zwar bereits im Februar. Dessen Aufgaben hat der bisherige Koordinator für Psychiatrie-, Sucht- und Drogenfragen der Stadt Wien, Ewald Lochner, mit übernommen.

Drogenbeauftragter Hans Haltmayer ist seit Februar in Pension.
Foto: Christian Fischer

Substitutionsprogramm

Drogenbeauftragter war bis Februar Hans Haltmayer, der derzeit der ärztliche Leiter der Suchthilfe Wien ist. Als Allgemeinmediziner sowie Arzt für Psychotherapie und Psychosomatik verfügt er über jahrzehntelange praktische Erfahrung in der Suchthilfe. Das Wiener Substitutionsprogramm, in dessen Rahmen heroin- oder opioidsüchtige Menschen weniger schädliche Ersatzstoffe wie Methadon erhalten, wurde von ihm und seinem Vorgänger Alexander David führend entwickelt. Haltmayer gestaltete die frühere Drogentherapieeinrichtung Ganslwirt und deren Nachfolgeinstitution Jedmayr bestimmend mit.

Im heurigen Februar erreichte Haltmayer das gesetzliche Pensionsalter. Sein Beauftragten-Vertrag, der 2013 vom Bürgermeisterbüro unter Michael Häupl abgeschlossen worden war, ermöglichte eine Job-Beendigung. Dem wurde Folge geleistet.

Beauftragter schwer zu ersetzen

Das aber sei nicht das Problem, sagt der grüne Wiener Sucht- und Drogensprecher Georg Prack. Kritisierenswert sei vielmehr, dass es in der Stadt Wien nun, im Unterschied zu sechs anderen Bundesländern, keinen Sucht- und Drogenbeauftragten mehr gibt.

Dessen Tätigkeit nämlich sei schwer zu ersetzen, sagt Prack. Haltmayer und David hätten wichtige ärztliche Expertise in die städtische Drogenpolitik eingebracht. Darüber verfüge Suchtfragen-Koordinator Lochner als sozialmedizinischer und psychiatrischer Manager nicht.

Auch Ärztekammer-Vertreter Dörflinger zeigt sich ablehnend: "Eine Großstadt wie Wien braucht, meiner Meinung nach, weiterhin eine spezifische Ansprechperson wie ein/e Sucht- und Drogenbeauftragte/r, um die erfolgreiche Linie in der Sucht- und Drogenhilfe der Stadt Wien fortzusetzen", schreibt er in einem dem STANDARD vorliegenden Brief an Hacker. Mit dem Drogenbeauftragten sei ein wichtiger "Netzwerker", ja "Kristallisationspunkt" abgeschafft worden.

Stadtrat Peter Hacker sieht keine Notwendigkeit für einen neuen Drogenbeauftragten.
Foto: Robert Newald

Hacker: Position hat sich wegen Erfolgs erübrigt

Haltmayer äußert sich zu den Abläufen nicht. Aus dem Büro von Stadtrat Hacker, einst selbst Wiener Drogenkoordinator und damit ein Vorgänger Lochners, heißt es, die Tätigkeit des Drogenbeauftragten habe sich in Wien aufgrund dessen großen Erfolgs erübrigt.

David und Haltmayer hätten die Substitutionstherapie in der Bundeshauptstadt erst aufbauen müssen. Sie funktioniere jetzt, die dafür nötigen Strukturen seien vorhanden. Auch werde Lochner wichtige Stellen in seinem Kompetenzbereich mit Fachärztinnen und Fachärzten besetzen. (Irene Brickner, 24.3.2023)