Nun wirft auch Andreas Babler seinen Hut in den Ring um den Vorsitz der Sozialdemokratischen Partei.

Foto: Regine Hendrich

Der Bürgermeister der niederösterreichischen Stadtgemeinde Traiskirchen, Andreas Babler, hat am Donnerstagabend via Twitter bekanntgegeben, dass er sich um den Vorsitz der SPÖ bewirbt. "Ich kandidiere für den Vorsitz der SPÖ, weil die Sozialdemokratie ein Teil meines Lebens ist. Und weil es mir sehr wehtut, was wir da in den letzten Monaten mit dieser Partei aufgeführt haben – und damit bin ich nicht allein", schreibt Babler, der von dem neuen SPÖ-Niederösterreich-Chef Sven Hergovich zuletzt in den Bundesrat geschickt wurde – eine Aufgabe, die sich Babler selbst gewünscht habe.

Vom Duell zu Massenstart

Bablers Ankündigung ist die jüngste in einer Serie von überraschenden Kandidaturen. Eigentlich hätte die Mitgliederbefragung in der SPÖ den Konflikt zwischen Parteichefin Pamela Rendi-Wagner und Burgenlands Landeshauptmann Hans Peter Doskozil auflösen sollen – und zwar möglichst rasch. Seit sie beschlossen ist, zeigt sich aber: Basisdemokratie, wie sie gerade die junge Garde der SPÖ lange gefordert hat, macht die Entscheidung in der schwelenden Führungsfrage zwar transparent und demokratischer – aber nicht unbedingt einfacher.

Denn seit "Parteirebell" Nikolaus Kowall, einst Wortführer der kritischen Sektion 8, seine Kandidatur bekanntgegeben hat, geht es in der Sozialdemokratie nun noch mehr rund als zuvor.

Mittwochabend stand fest, dass sich noch zwei weitere Kandidaten aufstellen lassen, also zumindest fünf auf dem Stimmzettel stehen werden. Am Donnerstag sickerte durch, dass es deutlich mehr werden könnten. Dem Vernehmen nach sollen schon vor Bablers Tweet rund ein Dutzend Personen ihren Willen zum Antritt bei der Mitgliederbefragung bekundet haben.

Löwelstraße hüllt sich in Schweigen

In der SPÖ-Zentrale in der Löwelstraße wollte man diese Zahl zwar nicht bestätigen. Man gebe "keine Wasserstände durch", hieß es zum STANDARD. Dass zu den fünf Genannten noch "mehrere" dazugekommen sind, sei aber richtig. Genaue Zahlen und Namen sollen erst nach der Vorstandssitzung am Montag bekanntgegeben werden. Die Befragung löscht zwar so manche Störfeuer, entfacht allerdings auch neue.

Babler will "für die Leute da sein"

Andreas Babler ist in der Vergangenheit immer wieder als Vertreter einer linken Sozialdemokratie aufgefallen und hat sich häufig auch kritisch über die Asylpolitik der Bundesregierung geäußert. In Traiskirchen befindet sich ein Erstaufnahmezentrum, das vor allem rund um das Jahr 2015 ob der Überfüllung immer wieder in den Medien war. Aber auch zuletzt wandte sich Babler diesbezüglich mit kritischen Worten an den Innenminister. Damals sagte Babler, für ihn liege der Verdachte nahe, Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) wolle die Lage aus parteipolitischem Kalkül heraus eskalieren lassen, um das Thema Flucht und Migration hochzutreiben.

"Ich kandidiere, weil ich mir sicher bin, dass wir gemeinsam eine starke Kraft sein können", erklärt Babler nun auf Twitter seinen Antritt. Er sei sich sicher, dass man für die Leute da sein müsse, "weil alle anderen Parteien auf sie pfeifen", schreib Babler, der bei den Landtagswahlen in Niederösterreich kürzlich über 21.000 Vorzugsstimmen erringen konnte. Die SPÖ sei da "für die Leute, die Angst vor der nächsten Strom- und Mieterhöhung haben".

Das Feld wird größer

Noch bevor Babler seinen Antritt verkündet hatte, gesellten sich zu Rendi-Wagner, Doskozil und Kowall noch zwei kleinere Kaliber hinzu. Berthold Felber hat als Unternehmer aus Oberpullendorf mit Kabelbäumen zu tun und ist seit den 1970er-Jahren SPÖ-Mitglied. Rendi-Wagner und Doskozil nannte er im "Kurier" eine abgeschottete Führungsclique.

Der Niederösterreicher und Lkw-Fahrer Gerhard Weißensteiner aus der 2.200-Einwohner-Gemeinde Großdietmanns im Bezirk Gmünd will ebenso sein Glück versuchen. Bis Freitagmitternacht sind Kandidaturen zulässig. Alle, die bis dahin Mitglied wurden, können bei der Befragung mitstimmen. Die SPÖ erfährt dadurch gerade einen Zulauf. Kowalls Kandidatur inspirierte etwa den Schriftsteller Robert Menasse dazu, wieder Parteimitglied zu werden.

Problem für Salzburg

Besonders Doskozil ärgerte, dass die Kampfabstimmung in der SPÖ direkt am Tag nach der Salzburg-Wahl, am 23. April, stattfinden soll. Der mächtige Genosse dürfte vermuten, dass sich das Match in der SPÖ vor der wichtigen Landtagswahl kumulieren und damit zum Problem für Parteifreund David Egger werden könnte.

In Salzburg sieht man das gelassen. Der rote Konflikt sei nicht mehr so "arg" wie noch vor wenigen Wochen, als zwar öffentlich gestritten wurde, aber der Ausgang ungewiss schien, heißt es in Salzburg. Nun gebe es klare Fronten. Allerdings will man dort keiner Kandidatur vor der eigenen Wahl eine Bühne bieten. Dafür habe man "keine Zeit".

Fragliche Fragestellung

Für Diskussionen in der SPÖ könnte auch die Gestaltung des Stimmzettels sorgen. Am Beginn dürfte die Ja/Nein-Frage stehen, ob Rendi-Wagner Vorsitzende bleiben und Spitzenkandidatin werden soll. Dieselbe Frage soll in Bezug auf ihre Kontrahenten gestellt werden. Es steht die Befürchtung im Raum, dass sich die SPÖ-Mitglieder am Ende zu stark an der Reihung auf dem Stimmzettel, die nach Höhe der jeweiligen Funktion getroffen wurde, orientieren könnten. Doskozil steht daher als Zweiter auf dem Zettel. Der gesamte Fahrplan muss aber noch am Montag vom roten Parteivorstand abgesegnet werden. (Jan Michael Marchart, Martin Tschiderer, Levin Wotke, 23.3.2023)