Er gilt als durchsetzungsstärker, sie hat mehr Wahlberechtigte hinter sich: Rendi-Wagner und Doskozil

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Linz – Die Führungsdiskussion in der SPÖ hat der Partei in den jüngsten Umfragen schwache Werte beschert: Würde jetzt gewählt, dann läge die SPÖ mit 21 Prozent knapp hinter der ÖVP (23 Prozent) und sehr deutlich hinter der FPÖ, der in der aktuellen Hochrechnung des Linzer Market-Instituts 29 Prozent zugerechnet werden. Die Neos hätten demnach elf, die Grünen zehn, die Bierpartei vier und MFG und KPÖ je ein Prozent.

Aber zurück zur SPÖ, die nach der Salzburg-Wahl in einer Urabstimmung ihre Führungsfrage lösen will: DER STANDARD ließ durch Market in einer repräsentativen Umfrage (n=800) erheben, was "die SPÖ machen (sollte), um wieder mehr Zustimmung von den Wählerinnen und Wählern zu bekommen". An erster Stelle liegt die Empfehlung von 56 Prozent der Befragten (und sogar 62 Prozent der erklärten SP-Wählerschaft), sich weniger mit den eigenen Problemen zu beschäftigen. Allerdings sagen auch 40 Prozent, die SPÖ solle ihre Spitze erneuern, 36 Prozent empfehlen explizit einen neuen Parteichef – diesbezügliche Wünsche sind in der roten Wählerschaft allerdings nicht so deutlich ausgeprägt wie in der Gesamtbevölkerung.

Befragung könnte Einigkeit bringen

DER STANDARD ließ weiter fragen: "In der SPÖ wird es demnächst eine Mitgliederbefragung geben. Dabei soll geklärt werden, wer die SPÖ in den nächsten Jahren führen und Spitzenkandidatin oder Spitzenkandidat der SPÖ sein soll. Was meinen Sie: Ist die Mitgliederbefragung ein geeignetes Mittel, damit die SPÖ wieder als einheitliche Partei wahrgenommen wird, oder führt die Mitgliederbefragung zu mehr Uneinigkeit in der SPÖ?"

Acht von zehn Personen aus der sozialdemokratischen Wählerschaft sind mehr oder weniger stark davon überzeugt, dass die Mitgliederbefragung zu mehr Einigkeit führen wird – auch Anhänger anderer Parteien sind mehrheitlich dieser Meinung, allerdings nicht ganz so deutlich.

Es liegt nahe, die beiden zentralen Protagonisten im Führungsstreit zu vergleichen – Parteivorsitzende Pamela Rendi-Wagner und der burgenländische Landeshauptmann Hans Peter Doskozil wollen sich ja jedenfalls dem Urteil der Parteimitglieder stellen. Die weiteren Kandidaturen werden erst Freitagabend feststehen und sind in der Umfrage noch nicht enthalten.

Market-Wahlforscher David Pfarrhofer schickt dem voraus: "Dass Doskozil ein Wunderwuzzi wäre, der der SPÖ automatisch mehr Zulauf brächte, ist ein weit verbreiteter Mythos, der durch die aktuellen Daten nicht gestützt wird. So richtig viel Begeisterung löst er nicht aus." Probeweise hat Pfarrhofer in der (theoretischen) Kanzlerfrage sowohl Rendi-Wagner als auch Doskozil angeboten. Dabei kommen beide auf ähnliche Werte – die Parteichefin auf elf, der Landeshauptmann auf neun Prozent.

SPÖ-Wählerschaft tendiert zur Chefin

"Wenn die Führungsfrage geklärt ist, dann sieht das natürlich anders aus – aber derzeit liegen beide nahezu gleichauf. Rendi-Wagner hat dabei wesentlich mehr SPÖ-Anhänger hinter sich als Doskozil, der im Unterschied zu ihr eben auch einen kleinen Teil der FPÖ-Wählerschaft und der politisch Unentschlossenen anspricht", liest Pfarrhofer aus der Kanzlerfrage.

Market klopfte eine Reihe von Aussagen über Rendi-Wagner und Doskozil ab, um herauszufinden, welche der beiden Personen wohl besser ankäme. Zunächst zur für Wahlerfolge unerlässlichen Einschätzung, ob eine oder einer der beiden sympathischer sei als der jeweils andere. Der Unterschied ist nicht groß: Zwölf Prozent finden Rendi-Wagner voll und ganz sympathisch, 18 Prozent geben ihr einen Zweier auf der fünfteiligen Skala. Für Doskozil lauten die Werte neun und 17 Prozent. Dafür sagen etwas weniger Befragte, sie fänden Doskozil ziemlich oder völlig unsympathisch. Eine gewisse Ablehnung schlägt ihm allerdings ausgerechnet aus der SPÖ-Wählerschaft entgegen – wohl von jenen, die mit Rendi-Wagner zufrieden sind. Unter dem Strich aber haben beide Kontrahenten eine durchschnittliche Sympathienote von 3,25 beziehungsweise 3,26.

Und womit punkten die beiden nun?

Rendi-Wagner bekommt die besten Noten dafür, dass sie als Frau an der Spitze der SPÖ steht – vier von zehn Wahlberechtigten geben dafür (wieder nach dem Schulnotensystem) die Noten eins oder zwei, Durchschnittsnote 2,74. Ihr wird in hohem Maße zugetraut, im direkten Vergleich mit Werner Kogler von den Grünen und Joachim Aigner von der MFG zu bestehen – was auch bei Doskozil ganz oben auf der Liste steht.

Doskozil wirkt kantiger und verhandlungsstärker

Dann kommen aber Punkte, die Doskozils relative Stärke zeigen: Die SPÖ würde durch ihn kantiger (Note 2,58) – bei Rendi-Wagner kommt das nur unter "ferner liefen" (Note 3,85). Die Vermutung, er könne sich bei Verhandlungen durchsetzen, bringt ihm die Durchschnittsnote 2,60 – die amtierende Vorsitzende kommt da nur auf einen Wert von 3,53.

Und "das Zeug, Wahlen zu gewinnen" bringt Doskozil die Note 2,69, Rendi-Wagner liegt hier eine ganze Note schlechter bei 3,76. Unter den erklärten SPÖ-Präferenten ist der Abstand nicht ganz so groß, aber ebenfalls deutlich. In fast allen Punkten hat Doskozil die besseren Werte, auch in der wichtigen Frage, ob es gelingen könnte, die Kanzlerschaft für die SPÖ zurückzugewinnen.

Für beide Kontrahenten wurde abgefragt, ob man ihnen zutraut, im Vergleich mit dem jeweils anderen zu bestehen. Auch da punktet Doskozil stärker (niedrigere Durchschnittsnote) als Rendi-Wagner. Allerdings zeigt sich in diesem Punkt, dass die Hälfte der SPÖ-Wählerschaft hier Rendi-Wagner die Noten eins oder zwei gibt – unter allen Wahlberechtigten tut das nur ein Viertel. Umgekehrt glaubt nur ein starkes Drittel der SPÖ-Wählerschaft voll oder überwiegend, dass Doskozil im direkten Vergleich zu Rendi-Wagner bestehen kann. Wie das von den Parteimitgliedern in einer Abstimmung gesehen wird, lässt sich daraus aber nicht ableiten.

Zeit für Themensetzungen

Allerdings wird Doskozil mehr als der jetzigen Parteichefin zugetraut, Themen zu setzen – und es wird ihm allgemein (auch von der SPÖ-Wählerschaft) zugeschrieben, dass er die Sozialdemokratie nach rechts führen würde.

Womit wir noch einmal bei den inhaltlichen Ratschlägen an die SPÖ wären: Hier steht die arbeitnehmerfreundliche Politik ganz weit oben, gefolgt vom Kampf gegen Korruption. Ein Drittel aller Befragten und immerhin auch ein Viertel der SPÖ-Wählerschaft wünscht sich von der Sozialdemokratie, "stärker für einen konsequenten Schutz der Außengrenze gegen Migration" aufzutreten. Auch das spielt Doskozil in die Hände. (Conrad Seidl, 24.3.2023)